Zwischen den Jahren… Version 2023

Hallo liebe Leser,

machen wir uns nichts vor: dieser Blog ist nicht tot, aber in einem Dämmerzustand wie der Große Cthulhu höchstselbst. Zumindest solange, bis dass die Zeit den Tod besiegt. Oder so ähnlich. Ein paar zweitverwertete Rezensionen, gepaart mit einigen ganz wenigen Lebenszeichen: mehr war in diesem Blogjahr nicht drin. Aber heute ist so ein Tag – einer der berühmten Tage „zwischen den Jahren“, also kurz nach den güldenen Feierlichkeiten zur Geburt Christi hin zum feuchtfröhlichen Jahresausklang – an dem ich noch einmal innehalten möchte und das vergangene Jahr reflektieren will. Das hat auf diesem Blog durchaus eine gewisse Tradition, und auch, wenn hier sonst nicht mehr viel los ist, will ich zumindest damit nicht brechen.

Blog-Fakten

Beginnen wir – wie immer – mit ein paar Fakten rund um diesen Blog:

Ich durfte knapp 7.500 Lesende im gerade vergehenden Jahr auf meinem Blog begrüßen. Wer jetzt neugierig die Artikel der Vorjahre aufruft: diese Zahl ist massiv rückläufig. Aber: ich habe ja auch kaum neuen Content hier hervorgebracht. Das heißt: für ein Archiv – und mehr ist dieser Blog im Moment ja kaum – bin ich sehr zufrieden. Denn es gibt immer noch eine Menge Klicks auf dem hier bereitgestellten Spielmaterial. Und das ist großartig, genau so soll es auch sein.

Insgesamt habe ich im vergangenen Jahr 8 Blogeinträge – diesen mitgerechnet – verfasst. Das unterbietet noch einmal locker das Vorjahr. Und wie bereits gesagt – hauptsächlich finden sich hier zweitverwertete Rezensionen. Aber immerhin sind es Lebenszeichen und ich sehe auch, dass nach neuen Einträgen hier die Klickzahlen steigen. Ich freue mich sehr darüber, dass meine Leserschaft eine gewisse Treue zeigt :-), vielen Dank dafür!

Abseits

Wie so oft in den letzten Jahren habe ich abseits dieses Blogs deutlich mehr Aktivität verzeichnet. Auch in diesem Jahr hatte ich wieder die Gelegenheit, an einem weiteren Abenteuerband für CTHULHU mitzuarbeiten. Während meine Texte für zwei kommende Bände bereits fertiggestellt sind, ist dieser hier noch in Arbeit und wird mich noch ein paar Wochen begleiten. Ich bin gespannt, wann die jeweiligen Bände die Veröffentlichungsreife erreicht haben werden und freue mich, hier dann auch wieder Nähkästchenplaudereien zu veröffentlichen.

Nebenbei haben wir vom Lovecrafter-Team auch in diesem Jahr wieder eine Doppelausgabe veröffentlicht. Ich habe dieses Mal nicht ganz so viel Energie hineinstecken müssen wie im letzten Jahr, aber dennoch: mit einem neuen Redaktionskollegen an der Seite waren noch nicht alle Abläufe so eingeschwungen, als dass es ganz reibungslos verlaufen wäre :-). Wie auch immer, die Doppelausgabe ist hübsch geworden und ich lege sie Euch wärmstens ans Herz. Mit dieser Doppelausgabe endet auch meine Zeit als Lovecrafter-PLAY-Redakteur. Ich möchte mich in Zukunft wieder mehr dem Schreiben widmen und habe mich daher hier aus der rein redaktionellen Arbeit – Koordination, Lektorat, Autoren-Feedback und Co. – zurückgezogen. Ich bleibe dem Team als Autor, Layouter und Notfall-Mädchen-für-Alles zwar erhalten, aber ich hatte auch das Gefühl, dass nach sechs Jahren einmal ein wenig frischer Wind notwendig sein könnte. Ich habe dann ja doch recht festgefahrene Vorstellungen davon, wie der PLAY-Teil des Lovecrafters aussehen sollte – nun kann mein Nachfolger Michael sich dort einmal richtig austoben.

Auch die Redaktion des Lovecrafter online war wieder fleißig. 19 Artikel aus meiner Feder habe ich beigesteuert und bestimmt ebensoviele Artikel redaktionell betreut. Auch hier haben sich personelle Veränderungen ergeben, allerdings war es hier mein Redaktionskollege Thorsten, der zum Jahreswechsel seine Koffer packt. Farewell, mein Freund – ich hoffe, wir kollaborieren zu anderer Gelegenheit noch einmal. Daneben habe ich noch fleißig am Cthulhu-Wiki mitgewerkelt und im Rahmen der 4. Schreibsaison 50 Artikel zu (Rollen-)Spielpublikationen hochgeladen. Mehr folgt, wenn das nächste Zeitfensterchen aufgeht. Auf diesen Seiten bereits erwähnt hatte ich meinen Beitrag für den letzten FHTAGN-Fragmente-Wettbewerb, Gefährliche Gartenarbeit, dessen Veröffentlichung ebenfalls ins dieses Jahr fällt.

Für den Ringboten habe ich in diesem Jahr knapp 38 Rezensionen verfasst, von denen die meisten auch längst publiziert sind. Dazu kommen ein paar Berichte und Interviews von der diesjährigen SPIEL in Essen. Es blieb also auch noch Zeit, ein wenig zu Lesen – wobei ich zugeben muss, das viele der Rezis sich dann doch eher auf „Kurzware“ bezogen haben.

Während cthuloides hier allerdings zum Standard gehört, freue ich mich fast noch mehr über die Texte, die ich mit anderen Verlagen und Freunden auf den Weg bringen konnte. Während ich über meine Arbeit mit Marc an Brennende Welten und das dazu passende Einstiegsabenteuer Gorath’s Geheimnisse bereits berichtet hatte, habe ich Euch hier noch gar nicht von Die Schwarze Katze erzählt. Denn auch dort ist es mir gelungen, zum Autorenteam dazuzustoßen. Das führte im gerade endenden Jahr nicht nur zu einem Haufen Schreibarbeit, sondern auch zu der baldigen Veröffentlichung meiner ersten eigenständigen Publikation. In Wüstenmärchen darf ich das DSK-Setting auf Oasen und Wüsten erweitern. Im Januar wird das Buch das Licht der Welt erblicken und ich bin wirklich mächtig stolz auf das Ergebnis. Ebenfalls für Die Schwarze Katze konnte ich im Rahmen des alljährlichen System-Matters-Fanzine-Wettbewerb das Fanzine Katzenjammer erstellen und maßgeblich mit Inhalt befüllen. Eine Rezension gibt es dankenswerterweise bei Engor. Im Moment könnt Ihr das Fanzine nirgends mehr kaufen, aber wir streben eine zeitnahe PDF-Veröffentlichung an.

Last but not least ist die Arbeit an einem weiteren Projekt – wiederum mit einem ganz anderen Verlag – schon recht weit fortgeschritten und ich hoffe, hier im nächsten Jahr auch wieder ein bisschen plaudern zu können. Dann wird es allerdings wieder cthuloid :-). Und auch die Textarbeit an einem weiteren Projekt ist bereits avisiert. Es bleibt also spannend und ich bleibe ausgelastet :-).

Bin ich damit zufrieden? Nein, natürlich nicht. Ich hätte wirklich gerne NOCH MEHR geschrieben und es ist noch einiges in der gedanklichen Pipeline. Aber ich muss auch einsehen, dass noch mehr einfach nicht dringewesen wäre. Punkt.

Spielerisches

Spielerisch war dieses Jahr … schwierig. Viele persönliche Termine, welche Gruppenkonstellationen schwer zusammenstellbar machten sorgten dafür, dass ich gerade mal auf 5 Sessions im vergangenen Jahr zurückblicken kann. Just gestern ist die letzte geplante Runde ausgefallen. Manchmal ist halt einfach der Wurm drin. Immerhin konnten wir einen recht coolen „Hollow-Earth-Expedition“-Pulp-Fewshot durchziehen – komplett mit Nazis und Dinosauriern – und auch wieder ein bißchen CTHULHU einschieben. Das war nett, wenn auch leider nicht so häufig wie erhofft. Es kommen wieder bessere Zeiten, da bin ich sicher.

Geplantes für 2024

Leser dieses Blogs müssen sich auch im kommenden Jahr darauf gefasst machen, das hier nicht so wahnsinnig viel passieren wird. Ich lade Euch herzlich ein, Euch auch einmal den Lovecrafter online, den Ringboten oder eines meiner anderen Projekte anzusehen, wenn Euch meine Schreibe gefällt. Dort wird aller Voraussicht nach auch im kommenden Jahr mehr meiner Zeit einfließen. Aber ich gelobe, auch diesen Blog nicht gänzlich abzuschalten und Euch hin und wieder mit einer Rezension oder einem Newsbeitrag zu versorgen.

Wie es auch kommen mag: Ich hoffe, der eine oder andere Leser bleibt mir gewogen und das wir uns alle im neuen Jahr wieder lesen können. Habt einen guten Rutsch!

Rezension: Postnomicon

Bereits vor drei Jahren erschien beim Truant Verlag die deutsche Ausgabe des vom spanischen Verlag Nosolorol verlegten Rollenspiels „Unaussprechliche Kulte“. Nun legt der Verlag endlich den ersten Abenteuerband nach. Lohnt sich die Anschaffung?

„Unaussprechliche Kulte“ dreht den Spieß zahlreicher cthuloider Rollenspiele einmal um: als Kultisten wollen wir den Großen Alten ein Tor in unsere Welt öffnen. Ich erinnere mich, dass ich dem Grundregelwerk eine hohe Qualität attestierte, ich mich jedoch schwer damit tat, dem Rollenspiel eine Kampagnentauglichkeit zuzugestehen. Immerhin spielen wir hier einmal die wirklich bösen Jungs – wie lange kann das tragfähig sein? Nun, zumindest fünf Autoren fanden hier genug Inspiration, um ebenso viele Abenteuer niederzuschreiben. Während die kleine Printauflage rasch ausverkauft war, liegt „Postnomicon“ immerhin noch als PDF vor.

Die Szenarien

Eröffnet wird der Band mit einem sehr lovecraftigen Titel: „Träume im Hexenhaus“. Auf gerade einmal zwölf Seiten folgen wir hier den Spuren eines seltsamen Selbstmordes. Diese führen zu einem finsteren Gegenspieler, welcher über die Traumlande in der Lage ist, in der realen Welt schreckliche Dinge anzurichten. Etwas ausführlicher wird das zweite Szenario, „Zu groß zum Scheitern“. Hier schlüpfen die Spieler in die Rolle von skrupellosen Bankangestellten, denen die eigene Karriere wichtiger ist als das Leben ihrer Mitmenschen. Und tatsächlich dürfen sie alsbald nicht nur faule Kredite zu überzogenen Zinsen anbieten, sondern ganz besondere Geschäfte. Denn der Kult hinter der Bank verfügt über Mythoskontakte und kann so Macht und Einfluss verkaufen – zu einem gewissen Preis, versteht sich.

Als drittes folgt „Vermiester Frühling“. Bei diesem Szenario handelt es sich um eine Schnitzeljagd, welche die Charaktere an verschiedene Orte der Stadt führen wird. Denn auf der Suche nach einer digitalen Mythos-Datenbank stoßen sie nicht nur auf zwei unbedarfte Hackerinnen, die sich an zu Großes herangewagt haben, sondern auch auf einen Kult, der mit dem Wissen der Datenbank ein finsteres Ritual plant. Auch „Der Teufel kommt nachts“ ähnelt einer Schnitzeljagd. Dieses Mal geht es allerdings ins Drogenmilieu, denn ein lokaler Untergrundboss schleust eine neuartige Droge in die Klubs der Stadt ein. Den Mythoskundigen werden alsbald Verbindungen zu einer großen Sache klar, und es wäre doch gelacht, wenn der Kult der Spielercharaktere kein Stück vom Kuchen ergattern könnte.

Abgeschlossen wird der Band mit dem Abenteuer „Ein Ritual, ganz wie bestellt“. Hier begeben sich die Spielercharaktere auf die Spuren eines Serienmörders – und zwar in dessen eigenen Auftrag. Harvey Werth-Miller ist nämlich inhaftiert worden, bevor er seine Mordserie – und damit ein Ritual zu Ehren seines Gottes – vollenden konnte. Es gilt nun das letzte Mordopfer zu finden und im Namen Harveys zu opfern, damit die Charaktere in den Besitz von Harveys okkulter Bibliothek gelangen.

Kritik

Wenden wir uns zunächst den technischen Aspekten des Bandes zu. Die Abenteuer sind teilweise nämlich wirklich krude aufbereitet und lassen eine Menge Arbeit für den Spielleiter übrig. Das liegt zum einen daran, dass beschreibende Texte und offensichtlich als Vorlesetexte gedachte Abschnitte ohne optische Trennung fließend ineinander übergehen. Beim Durcharbeiten hat man so oft ein „Deja-vu“-Gefühl, während man zunächst die doppelte Textmenge überblicken muss, später im Spiel aber die Vorlesetexte nicht wiederfindet. Dazu ist der generelle Aufbau der Abenteuer nicht gerade sehr modern, denn die einleitende Zusammenfassung ist dünn und nicht aussagekräftig, sodass man auch als Spielleiter oft bis zum Ende im Dunkeln tappt, was hier eigentlich vor sich geht. Und gerade das erste Szenario besteht eher aus einer Ideensammlung für Szenen, welche die Spielleitung noch irgendwie zu einer Szenarienhandlung zusammenbringen muss.

Neben diesen Schwächen in der Aufarbeitung komme ich aber nicht umhin, den Szenarien Qualität zu attestieren. Sie sind innovativ und kreativ, abwechslungsreich und warten mit einigen wirklich schrägen Ideen auf. Allerdings – und das sollte man von einem Spiel, in dem man in die Rolle von Mythoskultisten schlüpft vielleicht auch erwarten können – sie sind allesamt nichts für zarte Nerven. Hier prügeln Drogenjunkies mit Baseballschlägern aufeinander ein, hier werden Schriftzeichen mit Blut und Gedärmen an die Wand geschmiert, hier werden Menschen zu Kannibalen, hier sterben Kinder. Hilflose werden zu Opfern, nicht zu Geretteten. Die Schrecken des Mythos sind zwar allgegenwärtig, doch sind es die Menschen unter seinem Einfluss, welche für die wirklich verstörenden Dinge in diesem Band verantwortlich sind. Es gibt kaum „gute“ Charaktere, alles verschwimmt in unterschiedlich-dunklen Schattierungen zwischen dunkelgrau und schwarz.

Wie auch schon bei der generellen Kritik am Grundregelwerk gilt hier fast noch mehr: Die Dosis macht den Spielspaß. Als Ausflug auf die „andere Seite“ des lovecraftschen Rollenspielspektrums und als Anschauungsmaterial, wie „Unaussprechliche Kulte“ funktionieren kann, sind die Szenarien tadellos geeignet. Ob ich alle fünf hintereinander konsumieren möchte, hängt dann wohl sehr am eigenen Geschmack – für mich wäre das ehrlicherweise zu viel des Guten. Denn es gibt wenig Humor und noch weniger Lichtblicke, sondern fast ausschließlich grausige Abgründe.

Aufmachung

Genau wie „Unaussprechliche Kulte“ ist „Postnomicon“ vollfarbig gehalten. Die knapp 112 Seiten sind wiederum auf einem hohen Niveau bebildert. Die verwendete Seitenhintergrundgrafik, die Schriften und die Bebilderung transportieren gut die angestrebte Stimmung. Gut gefallen haben mir insbesondere die großzügigen NSC-Porträts. In der deutschen Übersetzung sind mir keine groben Fehler aufgefallen. In dieser Hinsicht kann ich damit eine gute Note vergeben.

Fazit: Für Fans und Spieler des Grundregelwerks sowie alle Neugierigen, die einmal einen Blick auf die andere Seite des Mythos werfen wollen, ist „Postnomicon“ – trotz einiger Schwächen in der Aufbereitung der Szenarien – fast schon ein Pflichtkauf. Aber Achtung: Es ist nichts für Zartbesaitete, sondern bietet die volle Bandbreite mythoslastiger Abartigkeiten.

PS: diese Rezension erschien ursprünglich auf Ringbote.de

Rezension: Tipps für die Spielleitung

„Die gesammelten Weisheiten zum Leiten einer „Cthulhu“-Spielrunde“ – so lautet der etwas vollmundige Untertitel des vorliegenden Büchleins. Diverse erfahrene Spielleiter lassen sich also tief in die cthuloiden Karten blicken: Ich bin gespannt.

„Cthulhu“ ist einerseits ein leicht zu leitendes Rollenspiel. Die Regeln sind nicht sehr komplex und das zugrundeliegende BRP-System, welches auf %-Werte in den Fertigkeiten setzt, ist intuitiv: unter einer 60%igen Chance können sich die meisten Leute schnell eine Wahrscheinlichkeit vorstellen. Dazu spielen die meisten Szenarien in der einen oder anderen historischen Variante unserer Welt – oder sogar gleich in der Gegenwart – was es leicht macht, einen gemeinsamen Vorstellungsraum zu erschaffen. Andererseits ist „Cthulhu“ ein schwer zu leitendes Rollenspiel, denn Angst oder gar Horror am Spieltisch zu erzeugen, ist alles andere als einfach. Dabei gilt es nämlich nicht nur, die Grenzen der Mitspielenden im Auge zu behalten, sondern überhaupt eine Atmosphäre zu schaffen, in der ein Gruseln aufkommen kann.

Ob dieses scheinbaren Widerspruchs war ich mehr als interessiert an „Tipps für die Spielleitung“. Denn immerhin geben sich hier namhafte Szenegrößen – erfahrene Autoren wie Mike Mason oder Paul Fricker, Mitglieder der amerikanischen „H.P. Lovecraft Historical Society“, Verlagsurgesteine wie Lynne Hardy oder erfahrene Spielleiter wie Tom Rhaley – die Klinke in die Hand. „Tipps für die Spielleitung“ erscheint als schmales Hardcover-Büchlein, ungefähr im A5-Format. Es ist spärlich illustriert, weist aber ein sauberes Schriftbild, angenehm große Schrift und eine klare Struktur auf und ist damit angenehm zu lesen.

Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis verrät, wie umfangreich die Themengebiete sind, zu denen die verschiedenen Autoren Tipps geben wollen. Da gibt es ein Kapitel über den Umgang mit Handouts und Requisiten, eines zum Umgang mit Spielern, eines zum Erzeugen von Horror, eines zum Einsatz von Regeln … die Bandbreite ist enorm und meine Vorfreude entsprechend groß. Und dann … ja, dann begann ich mit der Lektüre. Die einzelnen Kapitel sind nicht in Fließtexte unterteilt. Stattdessen sind sie in viele kleine, oft nur wenige Zeilen lange Absätze unterteilt, in denen jeweils ein Tipp vorgestellt wird. Die jeweiligen Autoren sind so nicht ersichtlich. Das führt dazu, dass manche Tipps sich sogar gegenseitig widersprechen – was per se nicht schlimm ist. Denn schon im Vorwort weisen die Autoren darauf hin, dass es natürlich kein „Allgemeinrezept“ für eine gute Spielleitung geben kann und jeder Spielleiter die Tipps verwenden soll, die er sinnvoll findet. Die Herangehensweise ist auf jeden Fall interessant.

Dennoch gibt es Dinge an „Tipps für die Spielleitung“, die mich fundamental stören. Da ist zum einen die Tatsache, dass sehr viele Tipps ohne eine profunde Vorkenntnis von Spieltheorie und spieltheoretische Diskussionen – gerade aus dem Rollenspielsektor – kaum zu verstehen sind. Ein paar Beispiele: Ein Tipp aus dem Buch lautet „Würfele offen!“. Der Tipp ist super – ohne das Hintergrundwissen, WARUM offenes Würfeln nicht nur die Spannung erhöht, sondern auch das Vertrauensverhältnis der Spieler beeinflusst, ist er einfach nur hingerotzt. Ein weiteres Beispiel ist „Benutze möglichst nie den Namen eines Monsters!“. Nun wissen erfahrene Spielleiter, dass diese Methode dabei hilft, die Spieler im Unklaren über die vor ihnen liegende Bedrohung zu lassen und so gewohnte Abwehrroutinen unmöglich zu machen – was wiederum das Gefühl der Hilflosigkeit und Ausweglosigkeit steigern soll. Unerfahrene Spielleiter dürfen sich zu Recht fragen: „Warum?“

Ein weiterer Aspekt, der mir nicht gefällt, ist die Tonalität vieler Tipps. Viele der Tipps werden nicht müde zu betonen, wie wichtig es für den Spielleiter ist, es den Spielern am Tisch recht zu machen. Immerhin opfern sie ihre Zeit, um sich mit dem Abenteuer des Spielleiters zu beschäftigen. Während diese Herangehensweise möglicherweise den in den 1980ern klebengebliebenen, überheblichen „Meistern“ vergangener Tage – gibt es die überhaupt noch? – einen neuen Blickwinkel aufzeigt, sage ich: „Unsinn.“ Ein Spielleiter ist genauso Mitspieler wie alle anderen Spielenden auch und hat so das gleiche Recht darauf, Spaß am Spiel zu haben, wie alle anderen am Tisch. Sich den Bedürfnissen der Gruppe zu unterwerfen, ist genauso ein Unsinn, wie sich als „Gott hinter dem Spielleiterschirm“ zu betrachten.

Zum dritten will „Tipps für die Spielleitung“ offensichtlich besonders modern sein: So drehen sich einige Tipps um die Einbindung von queeren Charakteren, People of Colour, Indigenen, Behinderten. Aber auch hier bleibt der Band jegliche Information schuldig, die über „binde auch queere NSC ein“ hinausgeht – warum sollte ich das tun? Wie bereichert es das Spiel? Und vor allem: Wie bereichert es den Kampf gegen die Großen Alten und wie unterstützt es den Horror? Ähnlich verhält es sich mit Sicherheitsmechaniken: „Triggere deine Mitspieler nicht!“ oder „Denke über die X-Karte nach!“ mögen Hinweise sein, die wertvoll sind – wenn man denn ungefähr schon eine Ahnung hat, worüber die Autoren hier sprechen. Die Erklärung von einfachen Sicherheitsmechaniken wie Linien und Vorhängen wäre hier gut aufgehoben gewesen. Außerdem wäre es viel hilfreicher gewesen, zu erklären, wie ich mein geplantes Atlach-Nacha-Szenario noch durchziehen kann, wenn der arachnophobe Spieler „A“ bei der Erwähnung der ersten Spinne stumm auf die X-Karte tippt.

So bleibt „Tipps für die Spielleitung“ deutlich unter seinen Möglichkeiten. Es erinnert an ein Kochbuch, in dem kein einziges Rezept steht. Dafür gibt es Tipps wie „Die Möhren schmecken noch besser, wenn du zerlassene Butter hinzugibst.“ direkt neben „Schokosauce ist eine Zutat, die man in Maßen einsetzen sollte.“ – wie man die Möhren zubereitet oder zu welchen Gerichten Schokosauce passt, das muss man sich dann schon selbst zusammenreimen. Sicher: Viele Tipps klingen gut und sind für erfahrene Spielleiter, die sich mit der spieltheoretischen Materie hinter der Spielleitung bereits auskennen, oft nicht uninteressant. Zumindest in der Häufung. Ein gutes Buch ist „Tipps für die Spielleitung“ dadurch aber nicht.

Fazit: „Tipps für die Spielleitung“ enthält eine umfangreiche Sammlung oft hilfreicher Tipps für erfahrene Spielleiter. Nicht jeder Tipp erscheint mir gut, und gerade die fehlenden Hintergrundinformationen zu den meisten Tipps machen das Buch für viele Adressaten zu kryptisch. Meine Empfehlung erhält es nicht.

PS: Diese Rezension erschien ursprünglich auf www.ringbote.de

Rezension: Halloween in 3D

„Cthulhu“ ist ein Horror-Rollenspiel, Halloween hatte schon immer eine Gruselattitüde. Da bietet es sich doch an, beide Namen miteinander zu verbinden. Die Idee ist zugegebenermaßen nicht ganz neu, ist dies doch bereits der dritte Abenteuerband, der gleich drei Abenteuer, die sich der Nacht vor Allerheiligen jeweils auf ihre eigene Art annehmen, versammelt.

So veröffentliche Pegasus in den letzten Jahren nicht nur den Band „Halloween“, sondern auch „Rückkehr nach Halloween“, was Spielleiter bereits mit einer recht ansehnlichen Menge cthuloider Halloween-Abenteuer versorgt hat. Bei den Abenteuern dieses Bandes handelt es sich um Übersetzungen aus alten Bänden der „Monographen“-Reihe. Schauen wir doch einmal, ob sich auch ein dritter Ausflug in diese spezielle Gruselatmosphäre lohnt. Und Achtung: Die folgende Rezension enthält Spoiler! Spielern sei daher angeraten, bis zum Fazit vorzuspringen.

Eröffnet wird der gruselige Reigen mit „Die Rückkehr des Magiers“. Die Investigatoren werden von einer aufgeregten Auftraggeberin kontaktiert. Ihr verstorbener Mann, einer der besten Magier seiner Zeit, hat verfügt, dass demjenigen, der ihn innerhalb von fünf Jahren nach seinem Tode wieder ins Leben zurückholen kann, die Hälfte seines Vermögens zusteht. Kurz vor Ablauf der Frist hat sich ausgerechnet der alte Bühnenassistent des Verstorbenen gemeldet und verspricht, den Toten im Rahmen einer Séance am Halloweenabend wieder zu beleben. Die Witwe wittert Betrug und schickt die Investigatoren auf Spurensuche. Diese führt die Charaktere bis nach Marokko, wo sie mit den Hintergründen der Geschehnisse vertraut gemacht werden. Hoffentlich können sie das falsche Spiel des Assistenten rechtzeitig durchschauen.

Weiter geht es mit „Die Maske der Moochie“, dem wohl ungewöhnlichsten Abenteuer im Band. Hier werden die Investigatoren von einem alten Freund gebeten, seinen entlaufenen Hund wiederzufinden. Was simpel beginnt, entpuppt sich als Reise in den Wahnsinn, den leider hat sich der Mops Moochie versehentlich mittels einer verzauberten Maske in eine bizarre Dimensionsfalte verflüchtigt – ein Schicksal, das auch die neugierigen Investigatoren erwartet. In dieser überdrehten, am Verstand nagenden Welt müssen sie sich nicht nur dreier Süßigkeiten sammelnder Kinder erwehren, sondern auch weiteren, wesentlich schlimmeren Widrigkeiten.

Das dritte Abenteuer, „Die Rache des Hei-Volkes“, spielt nicht in den 1920ern, sondern im Jahr 2007. Die Spieler schlüpfen in die Rollen einer Filmcrew, die in einer alten Festung während den Dreharbeiten zu ihrem neuesten Film eine Halloween-Party veranstalten. Natürlich ist das keine sonderlich gute Idee, und aus der Party wird schnell ein knallharter Kampf ums Überleben. Sehr „halloweenige“ Gegner sorgen für die passende Stimmung. „Die Rache des Hei-Volkes“ ist das einzige Abenteuer mit vorgefertigten Investigatoren – und spinnt interessanterweise die Geschichte einiger Investigatoren weiter, die wir bereits in „Petersens Abscheulichkeiten“ mimen durften.

Wie auch schon im Vorgängerband ist allen Abenteuern gemein, dass sie kurz und knackig präsentiert werden und problemlos an einem Abend durchgespielt werden können. Damit eignen sie sich hervorragend, um tatsächlich am namensgebenden Tag als Event-One-Shot angeboten zu werden. Als Kritikpunkt haben aber alle Abenteuer gemein, dass sie aus dem eigentlichen „Halloween“-Thema recht wenig herausholen. Insbesondere „Die Rückkehr des Magiers“ hätte zu jedem beliebigen Zeitpunkt spielen können. Zudem ist das Abenteuer recht geradlinig und eindimensional angelegt und macht zu wenig aus den Möglichkeiten, die die gut gewählten Lokalitäten mit sich bringen. „Die Maske des Moochie“ wiederum geizt nicht mit verrückten Ideen und ist ein wahrer Quell brutaler und gleichzeitig spaßiger Quälereien für geplagte Investigatoren. Leider ist das Abenteuer viel zu kurz geraten und auch hier ist der Halloween-Bezug eher dünn. „Die Rache des Hei-Volkes“ schließlich verströmt noch am ehesten Halloween-Feeling, bietet aber wenig mehr als einen simplen Survival-Plot im Closed Room. Das kann sicher Spaß machen, doch derartige Abenteuer gibt es bereits wie Sand am Meer.

„Rückkehr nach Halloween“ erscheint als Softcoverband in Schwarz-Weiß. Dabei möchte ich zunächst die Cover-Illustration lobend erwähnen – das ist wohl eines der schönsten „Cthulhu“-Cover der letzten Jahre geworden. Wie die übrigen „Cthulhu“-Publikationen ist der Band mit zeitgenössischen Fotografien bebildert, sauber gelayoutet und übersichtlich gestaltet. Auch Korrektorat und Lektorat haben saubere Arbeit geleistet. Lobend erwähnen möchte ich hier noch einmal die Handouts, welche optisch sehr ansprechend gestaltet wurden. Besonders angetan haben es mir in diesem Fall aber die schön gestalteten und übersichtlichen Karten, die es für zahlreiche Schauplätze gibt. Damit gibt es technisch wieder eine gute Note von mir.

Eine letzte Anmerkung sei noch erlaubt: Tatsächlich gibt es keine Pop-Up-Bilder im gesamten Band: Der Titel „in 3D“ soll wohl eher eine lockere Anspielung darauf sein, dass es sich um den dritten Halloween-Band handelt. Das Wortspiel gefällt mir aber zugegebenermaßen nicht sonderlich.

Fazit: Nein, „Halloween in 3D“ ist kein schlechter Abenteuerband. Die drei Abenteuer bieten handlungstechnisch Abwechslung, solide Gruselkost und teilweise auch extremere Ideen. Leider machen sie viel weniger aus dem Thema „Halloween“ als die Szenarien in den beiden Vorgängerbänden. Wer also wegen des Themas zugreifen will, darf noch einmal nachdenken; wer einfach weitere Abenteuer sucht, wird hier sicher fündig.

Rezension: Das Sanatorium – Tagebuch eines Investigators

Auf einer abgeschiedenen Insel liegt das Sanatorium, ein Ort der Ruhe, des Friedens und der Einkehr – zumindest solange, bis sich die Umtriebe des Cthulhu-Mythos unaufhaltsam Bahn brechen. Willkommen bei einem wahren Horrortrip der etwas anderen Art!

Viele Rollenspieler gehen irgendwann den Schritt und versuchen sich als Autor. Während die meisten Spielenden aber Rollenspielszenarien, Hintergrundmaterial oder anderes Spielmaterial für ihr bevorzugtes System verfassen, ist Andreas Miebach einen anderen Weg gegangen. Er legt mit „Das Sanatorium“ einen Spielbericht in Novellenlänge vor. Das Buch basiert dabei auf den Erlebnissen seiner Spielgruppe, die das gleichnamige Szenario – in Deutschland im „Cthulhu“-Band „Dementophobia“ erschienen – erlebt haben. Worum also geht es?

Eine bunt gemischte Truppe findet sich an Bord eines kleinen Kutters zusammen, um gemeinsam zu einer Sanatoriums-Insel überzusetzen. Einige von ihnen wollen alte Bekannte besuchen, die hier wieder zu Kräften kommen wollen, andere sind an der wissenschaftlichen Arbeit des Leiters der Anstalt, Dr. Brewer, interessiert. Einmal auf dem kleinen Eiland angekommen, werden sie auch gleich vom Personal des Sanatoriums in Empfang genommen. Doch dann müssen sie erste grausame Entdeckungen in Form von furchtbar entstellten Leichen machen. Was geht auf der Insel vor sich? Welche Experimente hat Dr. Brewer an seinen Patienten durchgeführt? Und was hat es mit „Jenen, die warten“ auf sich, welche in den Visionen verschiedener Patienten eine Rolle spielen?

Zunächst möchte ich ein Augenmerk auf die handwerkliche Aufarbeitung der Novelle legen. „Das Sanatorium“ erscheint im Selbstverlag und ist als Taschenbuch und E-Book erhältlich. Die Schrift ist angenehm groß und gut zu lesen. Die verwendete Schrifttype für die Kapitelüberschriften versprüht gleich ein cthuloides Flair, ist es doch die gleiche, welche im Rollenspiel Verwendung findet. Der Kurzroman ist komplett aus der Perspektive des Investigators – also der Spielfigur – Miebachs verfasst, dem Großwildjäger Major William Mannock. Dieser beschreibt seine Erlebnisse auf der Insel eindrücklich und für den Leser gut nachvollziehbar. Andreas Miebach legt dabei eine lockere, routinierte Schreibweise an den Tag, welche nicht gestelzt daherkommt und den Leser flüssig einzunehmen versteht. Die Idee, aus einem einfachen Spielbericht eine komplette Novelle zu machen, ist neu, unverbraucht und gut umgesetzt.

Allerdings, und das möchte ich auch anmerken, hat ein Rollenspielszenario als Grundlage für einen Roman auch seine Tücken. So bleiben die anderen Charaktere verhältnismäßig blass, beschränkt sich Miebach doch darauf, ihre Handlungen im Rahmen der Abenteuerhandlung niederzuschreiben. So erfährt man wenig über ihre Motivationen und Emotionen, was eine Bindung an die Charaktere über Mannock hinaus für den Leser schwierig macht. Dazu gesellt sich die unter Rollenspielern weit verbreitete Binsenweisheit, dass Rollenspielszenarien nun einmal kein Roman sind. So folgt auch „Das Sanatorium“ in seiner Novellenform keinem klassischen Spannungsbogen. Stattdessen erleben wir verschiedene Fehlschläge der Gruppe mit, welche sich aus den Voraussetzungen des Szenarios ergeben, die aber der Handlung kaum dienlich sind. Das wiederum ist für Rollenspieler und insbesondere jene, welche das Szenario bereits kennen und erlebt haben, zugleich doppelt vergnüglich – dieser Zielgruppe sei „Das Sanatorium“ auch, das Fazit vorwegnehmend, bereits an dieser Stelle unumwunden empfohlen.

Rollenspieler werden sich ohnehin in der einen oder anderen kleinen Szene wiedererkennen. Man kann die Würfel förmlich fallen hören, wenn einzelne Charaktere an unglücklichen Stellen stolpern oder zu höchst unpassenden Zeitpunkten die Beherrschung verlieren. Das macht „Das Sanatorium“ für Kenner der Materie zu einem augenzwinkernden Vergnügen, steht aber der Qualität der Geschichte als Roman ein wenig im Weg. Für Leser auf der Suche nach cthuloiden Geschichten ohne Vorkenntnis im Rollenspielbereich gibt es zugegebenermaßen bessere Empfehlungen.

Für Interessierte arbeitet der Autor außerdem an einer Vertonung seiner Novelle. Ihr könnt die ersten eingelesenen Kapitel bereits auf Youtube anhören.

Fazit: Da das Buch auf einem Rollenspielszenario basiert, möchte ich die Lektüre Rollenspielern vorbehaltlos empfehlen, die sich an vielen Stellen wiedererkennen werden. „Normal“-Leser erhalten mit „Das Sanatorium“ eine routiniert geschriebene Novelle unter Verwendung von Motiven aus dem Cthulhu-Mythos, welche aber einem eher ungewöhnlichen Spannungsbogen folgt.

Das Ganze gibt es bei Amazon.de.

PS: Diese Rezi erschien ursprünglich auf Ringbote.de

Systemvorstellung: Maleficium

Würfelmechanismen für Rollenspiele gibt es viele: von der berühmten „3W20-Probe“ aus „Das Schwarze Auge“ über das Pool-System bei „Shadowrun“ bis hin zu universellen Enginen wie den D20-Systemen, dem auf dem W100-Wurf basierenden „Basic Role Playing“ der „Mutant-Year-Zero“-Engine, die vielen Free-League-Systemen zugrunde liegt. Wer aber kennt schon ein Spiel, welches Tarotkarten zurate zieht, um das Probenergebnis zu bestimmen?

Ich kannte auf jeden Fall keines. Daher verwundert es vielleicht nicht, dass ich mich sofort bereit erklärte, über „Maleficium“ zu berichten, als mich der Autor per Mail danach fragte. Grundlage für diesen Text ist also die von ihm zur Verfügung gestellte Vorab-PDF.

Autor David Ruschkowski wählte eben jenes traditionelle Kartensystem aus, da er die grundlegende Idee sehr interessant fand. Immerhin sind die Ergebnisse, die ein Würfelwurf liefert, zumeist recht eindimensional, handelt es sich doch schlicht um eine Zahl oder vielleicht ein Symbol. Bei einer Karte lassen sich mehrdimensionale Werte ablesen – neben dem Symbol und dem Wert spielen beim Tarot auch noch Dinge wie die Reihenfolge und die Ausrichtung der Karten eine tiefergehende Rolle. So entstand in zahlreichen Testrunden das nun in Eigenregie erscheinende „Maleficium“, welches seine Proben nun über das Ziehen von Tarotkarten abhandelt.

„Maleficium“ ist dabei kein universell einsetzbares Rollenspiel, sondern bedient eine bestimmte Prämisse. „Maleficium“ versteht sich als Horror-Rollenspiel. Im Speziellen geht es sogar darum, eine ganz bestimmte Gruppenkonstellation zu spielen: Alle Charaktere sind auf die eine oder andere Weise verflucht. In dem Abenteuer geht es nun für die Charaktere darum, entweder den Fluch zu brechen oder an ihm zugrunde zu gehen. Das System ist darauf ausgelegt, für One-Shots oder eine Folge kurzer Spieleabende zu funktionieren. Die Flüche können dabei vielgestaltig sein. Dämonische oder hexische Flüche sind ebenso möglich wie seltsame Krankheiten oder Besessenheit.

Die Charaktere sind rasch erstellt und bestehen nur aus wenigen Attributen – hier „Wesenszüge“ genannt. Körper, Verstand und Seele werden mit einem einfachen Punktkaufsystem mit 1-5 Punkten versehen. Anschließend beschreibt der Spieler die größte Angst, den größten Makel und die größte Schwäche seines Charakters. Die Wahl eines Schwerpunktes – was in etwas einem Beruf entspricht – legt die Dinge fest, die der Charakter besonders gut kann. Dann geht es auch schon los. Da das System für kurze Abenteuersitzungen gedacht ist, wird auf Regeln für Charakterentwicklung nahezu komplett verzichtet.

Kommt es nun zu einer Probe, legt die Spielleitung einen Schwierigkeitsgrad fest. Dieser wird mit einem passenden Wesenszug des Charakters verglichen und es wird eine Tarotkarte gezogen. Der Wert der Karte wird zum Wert des Wesenszuges addiert und anschließend mit dem Schwierigkeitsgrad verglichen – fertig. Nun kommt allerdings die Mehrdimensionalität der Karten ins Spiel: je nachdem, wie herum die Karte liegt, können positive und negative Nebeneffekte entstehen. Auch unterscheidet das Spiel zwischen kleinen und großen Arkana-Karten: während die kleinen Arkana-Karten schlicht der Probe dienlich sind, wirken sich die großen Arkana-Karten auf den Fluch aus: Die Spielleitung erhält diese Karten zur späteren Verwendung, um Flucheffekte zu wirken und so den Spielern das Leben zusätzlich schwer zu machen.

Grundsätzlich fügt diese Mechanik dem Spiel eine interessante Meta-Ebene hinzu. Denn ähnlich wie bei „Dread“, dem Spiel mit dem „Jenga-Turm“ muss der Spieler nicht nur abwägen, ob sein Charakter die Probe bestehen kann, sondern auch, ob er überhaupt eine Probe durchführen will. Denn jede Probe kann – unabhängig von ihrem Ausgang – dem Spielleiter neue Werkzeuge an die Hand geben, um die verfluchten Charaktere dem Untergang näher zu bringen. Auch abseits dieser Meta-Mechanik ist „Maleficium“ alles andere als ein lockeres Erzählspiel. Tatsächlich ist der Regelkern – überbiete einen Schwierigkeitsgrad mithilfe Deiner Werte und einem Zufallsmechanismus – sehr klassisch. Auch fallen die Detailfülle an kleinen Hinweisen – z. B. für Traglast oder Rüstungen – sowie die eingängigen Kampfregeln auf. „Maleficium“ bringt damit reichlich „Crunch“ auf wenigen Seiten unter. Nichts desto trotz sind alle Spielenden angehalten, die gezogenen Karten zu interpretieren und ihre Auswirkungen auf die Charaktere und die Spielwelt ausführlich zu umschreiben. Damit ist „Maleficium“ ein geeigneter Kandidat für Leute, die einmal einen Schritt in Richtung Erzählspiel wagen wollen, ohne auf ein klares Regelgerüst zu verzichten.

Abgerundet wird das Grundregelwerk mit einigen Tipps für die Spielleitung – dieses Kapitel enthält dann auch beispielhafte Spielwerte für Gegner – sowie einem kurzen Einstiegsabenteuer, in dem die Gruppe einem seltsamen Fluch aus ihrer Kindheit nachgeht.

Link zur Homepage des Systems: https://maleficium-spiel.info

Autor David Ruschkowski veranstaltet noch bis Ende Juni ein Crowdfunding auf Startnext. Mit diesem Crowdfunding sollen in erster Linie Illustrationen für das System finanziert werden. Der Realisierungszeitraum soll dann noch im gleichen Jahr liegen. Neugierig geworden? Zum Crowdfunding geht es hier: Startnext.

PS: An anderer Stelle habe ich mir bereits Gedanken um ein paar cthuloide Flüche für eigene Szenarien gemacht: https://www.deutschelovecraftgesellschaft.de/article/432-lovecrafter-online-cthuloide-flüche-für-maleficium/

Kurze Lebenszeichen

Hallo zusammen,

wie ihr – vielleicht – bereits bemerkt habt, geht es auf diesem Blog im Moment dann doch sehr schleppend voran. Wie das für mich allerdings üblich ist, leidet der Blog immer dann, wenn ich an anderen Projekten arbeite. Einiges davon ist – leider – noch nicht 100%ig spruchreif, auch wenn bereits viel Arbeit in den ein oder anderen Text geflossen ist. Dennoch gibt es ein paar Texte von mir, die in den vergangenen Wochen das Licht der Rollenspielwelt erblickt haben, an anderer Stelle zu entdecken.

FHTAGN Fragmente: Gefährliche Gartenarbeit

Da wäre zum einen mein Beitrag zum „FHTAGN“-Fragmente-Wettbewerb „Gefährliche Gartenarbeit“.

Die Charaktere werden von dem ihnen unbekannten FHTAGN-Netzwerk damit beauftragt, die Grünanlage eines Abrisshauses einzuebnen. Dabei stoßen sie auf die Spuren der Vergangenheit in Form eines balsamierten Leichnams. Ein Einführungsszenario für das FHTAGN-Netzwerk.

Das Ganze hat einen leicht humoristischen Charakter, und wer Gabelstapler Klaus kennt wird sich gleich heimisch fühlen. Es hat zwar leider nicht zum ersten Platz gereicht, dennoch bin ich mit meinem Beitrag immer noch nicht unzufrieden. Ihr findet das Ganze hier: https://www.deutschelovecraftgesellschaft.de/article/395-fhtagn-fragment-am-freitag-gefährliche-gartenarbeit/

Brennende Welten

Aus der talentierten Feder von Marc Geiger stammt das Science-Fiction-Rollenspiel „Brennende Welten“. Ihr findet es gratis bei DriveThruRPG.com. „Brennende Welten“ basiert auf „CAIRN“, welches ebenfalls mittlerweile ins Deutsche übersetzt wurde. Es transportiert den Regelkern in ein rohes SF-Setting und adaptiert die Mechaniken beispielsweise für den Raumkampf. Ich habe mich nach erster Lektüre rasch in „Brennende Welten“ verliebt – es scheint das Regelsystem zu sein, dass ich immer für Settings wie „Fading Suns“ haben wollte.

Derart begeistert habe ich auch gleich Kontakt mit Marc aufgenommen. So konnte ich einige Elemente zum Grundregelwerk beisteuern – Teile des Bestiariums sind zum Beispiel von mir. Besonders stolz bin ich aber darauf, dass ich das erste Einsteigerabenteuer schreiben durfte. Es basiert auf einem alten „Fading-Suns“-Abenteuer von mir, das ich einmal für den WOPC verfasst habe. Allerdings ist der Text großzügig überarbeitet und ergänzt worden und erstrahlt nun auch im schicken Layout. Vielleicht könnt Ihr ja „Goraths Geheimnisse“ lüften?

Da kommt noch mehr…

Tatsächlich arbeite ich im Moment noch an einigen weiteren Texten, das eine oder andere Projekt ist – zumindest für mich als Autor – auch bereits abgeschlossen. Es wird also noch einiges kommen – nur dieser Blog, der wird noch ein Weilchen leiden. Wenn ich wieder mehr berichten kann, hole ich das freilich nach!

Lovecrafter jetzt auch als E-Paper erhältlich

Huch, was ist denn nun passiert? Der Januar ist bereits in die Geschichtsbücher eingetragen, und ich habe noch nicht einmal den ersten Post des Jahres abgesetzt! Schande – ich hoffe, Ihr seid alle gut in das Jahr gestartet!

Wie die meisten von Euch sicherlich wissen, betreue ich seit der Ausgabe 1 – also eigentlich seit der zweiten Ausgabe – den „Lovecrafter“ als Redakteur für den spielerischen Teil des Magazins. Der „Lovecrafter“ ist das Hausmagazin der Deutschen Lovecraft Gesellschaft und widmet sich Lovecraft und dem Umgang mit ebenjenem auf mannigfaltiger Weise. So werden Filme und Bücher besprochen, Interviews mit Verlegern geführt, Lovecrafts Werke auf bestimmte Aspekte hin untersucht, andere Autoren aus seiner Einflusssphäre vorgestellt und natürlich auch die spielerische Rezeption des Mythos gewürdigt. Aber wem erzähle ich das – der „Lovecrafter“ ist hier ja ohnehin regelmäßig Thema.

Grund genug, Euch mit weiteren aufregenden Neuigkeiten vertraut zu machen, denn: Der „Lovecrafter“ ist nun endlich auch digital erhältlich! Bisher konnte natürlich auch jedes Nicht-Mitglied über den cthulhu-webshop.de Exemplare des „Lovecrafters“ erstehen. Die älteren, mittlerweile nur noch schwer erhältlichen Exemplare sind nun aber auch bei DriveThruFiction gelistet. Aus der Pressemitteilung des Vereins dazu:

Für alle, die unsere Vereinszeitschrift lieber digital genießen möchten oder eine vergriffene Ausgabe nicht mehr erhalten können, gibt es unsere Vereinszeitschrift Lovecrafter zukünftig auch als PDF auf DriveThruFiction zu erwerben – für 6,50€ (Einzelausgaben) bzw. 9,95€ (Doppelausgaben). In der nächsten Zeit werden wir Woche für Woche eine weitere Lovecrafter-Ausgabe als E-Paper in DriveThruFiction zum Verkauf einstellen.

dLG: https://www.deutschelovecraftgesellschaft.de/article/372-lovecrafter-jetzt-auch-als-e-paper-erhältlich/

Mittlerweile sind bereits die ersten 4 Ausgaben online erhältlich. Ihr findet alle erhältlichen Ausgaben hier:

https://www.drivethrufiction.com/browse.php?author=Deutsche%20Lovecraft%20Gesellschaft

Zwischen den Jahren… Version 2022

Ach seufz. Ein weiteres Mal neigt ein Jahr sein Haupt dem Ende entgegen. Es ist wieder diese stille, namenlose Zeit, gefangen zwischen zu vielen Weihnachts-Spezereien auf der einen und feucht-fröhlichen Neujahrseskapaden auf der anderen Seite. Eine Zeit, in der man sich erholt und entspannt, um sich voll dem zu wappnen, was vor einem liegt. Und eine Zeit, in der ich zurückblicken möchte auf mein vergangenes Jahr als Spieler, Autor und natürlich vor allem Blogger.

Blog-Fakten

Wie immer gibt es zunächst ein paar Fakten rund um diesen Blog:

Ich durfte knapp 12.000 Lesende im gerade vergehenden Jahr auf meinem Blog begrüßen. Wer jetzt neugierig die Artikel der Vorjahre aufruft: diese Zahl ist rückläufig. Ich bin dennoch nicht unglücklich darüber. Immerhin ist mein Artikel-Ausstoß auch deutlich rückläufig. Und für einen Blog, der mittlerweile eher sein Archiv verwaltet denn in regelmäßigen Abständen neuen Output generiert, ist diese Zahl doch recht erfreulich. Auch und insbesondere zeigt sie, dass Ihr Interesse an den hier archivierten und publizierten Abenteuern habt – und das ist doch die Hauptsache!

Insgesamt habe ich im vergangenen Jahr 18 Blogeinträge verfasst. Das ist für die Verhältnisse dieses Blogs wirklich sehr wenig. Zwar hatte ich es prognostiziert, dass mit dem Wegfall der Blog-O-Quest und dem Ende des Winter-OPC hier deutlich weniger Input landen würde, doch das ich tatsächlich nur alle paar Wochen mal wieder die Zeit für meinen Blog finde – das hätte ich nun auch nicht gedacht. Aber auch hier will ich mich nicht grämen: Immerhin erschienen die Artikel schön über das Jahr verteilt, mit Rezensionen, Nähkästchenplaudereien und News-Einträgen ist tatsächlich auch eine nette Mischung entstanden und ich muss auch schlicht zugeben, dass mehr nicht drin gewesen ist.

Abseits

Wie so oft in den letzten Jahren habe ich abseits dieses Blogs deutlich mehr Aktivität verzeichnet. Zu Beginn des Jahres hatte ich Gelegenheit, an einem weiteren Abenteuerband für CTHULHU mitzuarbeiten. Die Veröffentlichung ist für mich noch nicht genau abzusehen, aber mein Text ist auf jeden Fall fertig. Danach widmete ich mich mit Feuereifer einem gänzlich anderen Genre und gänzlich anderem Projekt. Die Textarbeit hier steht kurz vor der Finalisierung, während ich diese Zeilen tippe. Es war aufregend und spannend, einmal cthuloide Gefilde hinter sich zu lassen und ich bin schon sehr gespannt darauf, Euch mehr darüber zu erzählen, wenn die Zeit reif ist.

Nebenbei haben wir vom Lovecrafter-Team auch in diesem Jahr wieder eine Doppelausgabe veröffentlicht. Ich möchte mich selbst nicht über Gebühr loben, aber ich habe dieses Mal in einer sehr kurzfristigen Aktion mit sehr viel Herzblut deutlich mehr Arbeit in den Lovecrafter gesteckt. Insbesondere bin ich beim Thema Layout kurzfristig eingesprungen, was unglaublich viel Spaß gemacht hat – aber eben auch Zeit und Aufwand erforderte. Ich hoffe, das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Daneben gibt es wieder über 40 neue Rezensionen aus meiner Feder für den Ringboten – was natürlich auch bedeutet, dass ich mindestens ebensoviel neues Material gesichtet habe. Dazu habe ich zwölf eigene Texte im Lovecrafter online veröffentlicht und noch deutlich mehr als Redakteur begleitet. Und dann habe ich noch in einem wahnwitzigen Anfall von Schreibwahn Gelegenheit gefunden, den FHTAGN-Fragmente-Wettbewerb zu entern – und ich bin schon sehr gespannt auf das Ergebnis :-).

Zwischen all diesen intensiven Schreibaufträgen, deren Ergebnisse ihr in diesem Jahr nur im geringen Maße zu Gesicht bekommen konntet, hat sich erschreckend wenig Zeit zum eigentlichen Spielen gefunden. Immerhin online konnten wir uns einige Male zusammenschalten und den Kampf gegen die Großen Alten fortführen. Leider hat sich gerade bei dem intensiven Abenteuer „Through the Eyes of a stranger“, von dem ich im Vorfeld nur Gutes gehört hatte, organisatorisch eine sehr lange Lücke ergeben, so dass wir hier sehr aus dem Spielfluss waren. Mit „Begraben“ und „Die Verschwundene“ habe ich dann aber auch noch einmal zwei knappe One-Shots als Abendfüller aus meiner Feder anbieten können, dazu „Die Untoten von Islington“ für „Private Eye“ als Grenzfall. Das hat wirklich Spaß gemacht.

Geplantes für 2023

Wie auch bereits im Vorjahr möchte ich hier weder Versprechungen machen, noch mich unnötig unter Druck setzen. Die verfügbare Freizeit, welche ich dem Schreiben rund um mein liebstes Hobby widmen kann, ist nun einmal begrenzt. Der Ringbote ist nach wie vor ein Herzensprojekt, der Lovecrafter in beiden Inkarnationen ebenso. Und Texte von mir in professionelleren Publikationen unterzubringen, bereitet mir immer wieder viel Freude – aber nun einmal eben auch Arbeit. Dieser Blog wird daher weiterhin ein eher stummer, aber gerngewonnener Begleiter bleiben – und dennoch bin ich der Überzeugung, das manche Rezension oder News-Meldung auch für Gelegenheitsleser einen Mehrwert bieten wird.

Wie es auch kommen mag: Ich hoffe, der eine oder andere Leser bleibt mir gewogen und das wir uns alle im neuen Jahr wieder lesen können. Habt einen guten Rutsch!

Frohe Weihnachten!

The cottage hearth beams warm and bright,
The candles gaily glow;
The stars emit a kinder light
Above the drifted snow.

Down from the sky a magic steals
To glad the passing year,
And belfries sing with joyous peals,
For Christmastide is here!

– H. P. Lovecraft

Ein weiteres Mal jährt sich das Julfest und wie immer möchte ich es mir nicht nehmen lassen, Euch allen treuen wie zufälligen Lesern dieses Blogs ein paar besinnliche Stunden, ein paar wunderschöne Tage und ein frohes Weihnachtsfest zu wünschen. Bleibt gesund und feiert schön!

Seanchui