Winter One Page Contest

André „Würfelheld“ Skora und ich haben die Köpfe zusammengesteckt und uns Gedanken um den WOPC gemacht. Ich möchte das Wort zunächst André überlassen:

Normalerweise kommt der erste Artikel zum Winter One Page Contest immer erst am 01.Dezember eines Jahres. Aber nachdem Greifenklaue verstorben ist, stellten sich für mich / uns einige Fragen. Allerdings muss ich gestehen, dass ich diese immer weiter aufgeschoben habe. Nun geht es aber nicht mehr länger, denn die Planungen zum Winter One Page Contest haben in der Regel mit der SPIEL begonnen. Wenn wir auf den Kalender schauen ist es in drei Wochen wieder soweit. Somit habe ich meine Gedanken gesammelt und die letzten Monate Revue passieren lassen. Man sollte in solchen Fällen keine vorschnelle Entscheidung fällen.

Zur endgültigen Entscheidung bin ich dann am letzten Wochenende gekommen. Wobei ich mich dann Anfang dieser Woche mit André „Seanchui“ Frenzer, welcher den letzten WOPC veranstaltet hat, kurzgeschlossen habe um ihm meine Entscheidung mitzuteilen. André und ich sind uns da einig.

Der Winter One Page Contest endet hiermit offiziell nach zehn Ausgaben!

Ingo und ich hatten im ersten Jahr des WOPC jeweils einen konkurrierenden Contest, haben aber das Potenzial gesehen und uns ab der zweiten Ausgabe zusammengetan, In den letzten Jahren ist der WinterOPC für viele zu einer festen Größe geworden. Man könnte sagen, wir hatten unsere Stammteilnehmer*innen. Ein großes „Aber“ muss dann direkt nachgeschoben werden. Schließlich waren jedes Jahr „neue Teilnehmende“ dabei, was wieder und wieder für frischen Wind gesorgt hat. An den eingereichten Einseitern konnten wir auch schnell merken, welche Spiele derzeit durch die Decke gingen, bzw. was trendy war. Immer wieder ein tolles Erlebnis.

Aber nicht nur die Teilnehmenden haben den WOPC zu dem gemacht was er war, sondern auch die vielen stillen und unbekannten Helfenden. Seien es die vielen unterschiedlichen Juror*innen, einige Bloggende, technischer Support… es war einfach toll zu sehen, wie hier zusammengearbeitet wurde.

Natürlich möchte ich an dieser Stelle auch nicht die tollen Sponsoren vergessen. Hier kann ich einfach nur Danke sagen. Am Anfang bin ich einfach mit einer Idee und einer eMail bewaffnet an sie herangetreten und stieß fast nur auf offene Türen. Über die Jahre hinweg hat sich auch hier viel getan. Es haben sich einige Stammsponsoren herauskristallisiert, einige waren mittelfristig mit dabei und andere nur kurz. Aber Alle hat eins geeint, den WinterOPC nicht einfach als „billige Werbeplattform“ zu sehen! Das zeigt doch: Wer eine gute Idee hat, findet dafür auch immer wieder tolle Partner und das sollte doch motivieren, Ideen umzusetzen.

Ingo und ich sind für den WinterOPC nicht nur durch sonnige Zeiten gegangen, sondern wir standen auch vor vielen Herausforderungen, welche wir nicht vorhersehen konnten. So habe ich den WOPC in einem Jahr aus dem Krankenhaus heraus mitveranstaltet. In einem Jahr ist Ingo für 14 Tage das Internet weggebrochen, was dann im Folgejahr bei mir ebenfalls passierte. Murphy`s Law. Auch der kurzfristige Wechsel von Juroren usw. gehörte ebenso zu den Herausforderungen, wie auch für Preisausfallersatz zu sorgen. Aber das haben wir alles hinbekommen.

Eine etwas größere Änderung gab es dann mit der neunten Ausgabe, denn hier kam André „Seanchui“ Frenzer mit an Bord. Rückblickend eine gute Entscheidung, nicht nur das André gut ins Team passte und neue Impulse setzen konnte, sondern er nahm auch im letzten Jahr, nach Ingos Tod, den WinterOPC in die Hand und brachte diesen sehr respektvoll über die Bühne. Dafür an dieser Stelle auch offiziell „Herzlichen Dank“.

Die Schlussworte darf ich dann niederschreiben. Der WinterOPC war und ist für mich etwas Besonderes. Ich habe ihn als Teilnehmer geliebt. Doch als Ingo mich fragte, ob ich als Co-Organisator einspringen könnte war mir klar, dass ich das nicht ablehnen konnte. Der WOPC war eine Institution und diese Institution am Leben zu halten war wichtiger, als meine eigene Teilnahme. Ich habe mit Freuden den 9. WOPC begleitet und ich habe unter Tränen den 10. WOPC zu Ende gebracht. Trotz des großen Wortes „Institution“ trage ich die Entscheidung, den WOPC an dieser Stelle für beendet zu erklären, vollumfänglich mit. Es war eine großartige Zeit, eine tolle Zeit – doch sie ist unumstößlich mit Ingo verknüpft. Wir werden sehen, was die Zukunft bereithält!

Zu guter Letzt geht natürlich auch von mir ein Wort des Dankes an unsere Sponsoren, Juroren, Organisatoren und vor allem an die großartigen Teilnehmer! Ihr und wir alle gemeinsam haben den WOPC zu etwas ganz Besonderem gemacht und ich bin dankbar, ein Teil davon gewesen sein zu dürfen. Darauf ein „Nice Dice“, wie Ingo sagen würde! Und von mir die besten Grüße.

Nice Dice
Würfelheld & Seanchui

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Der FHTAGN Fragmente-Wettbewerb 2022 ist gestartet!

Die Deutsche Lovecraft Gesellschaft verlegt bereits seit einiger Zeit FHTAGN, ein Rollenspiel rund um lovecraftesken Horror. Nun sucht der Verein spannende Kurzabenteuer, die mit gerade mal 1500 Wörtern ein cthuloides Szenario zeichnen. Zu gewinnen gibt es – neben Ruhm und Ehre – auch noch PDF-Gutscheine.

  • Der Wettbewerb startet am 01.09.2022 um 00:00 Uhr und endet am 30.11.2022 um 23:59 Uhr.
  • Alle Einsendungen werden durch eine Jury bestehend aus der FHTAGN Redaktion und wohlmöglich zusätzlicher Kultist/innen bewertet.
  • Die Gewinner/innen werden im Dezember gekürt.
  • Alle Einsendungen werden als FHTAGN Fragmente veröffentlicht; eine spätere Veröffentlichung als eigene Publikation ist nicht ausgeschlossen.“

Die genauen Teilnahmebedingungen und den Ausschreibungstext findet ihr HIER.

Während ich im vergangenen Jahr noch in der Jury tätig war, denke ich in diesem Jahr ernsthaft darüber nach, mich dem Teilnehmerfeld anzuschließen. Mal sehen, was zeitlich geht!

Rezension: Einstiege ins Entsetzen

Cthuloide Abenteuer gibt es einige – doch wie viele kennt Ihr, die in nur einer Stunde gespielt werden können? Gleich drei solcher Kurzszenarien versammelt der vorliegende Band. Schauen wir mal, welch grausigen drei Stunden uns „Einstiege ins Entsetzen“ beschert.

Wie für die deutschen Abenteuerbände üblich, erscheint „Einstiege ins Entsetzen“ als Softcover und im Schwarz-Weiß-Druck. Alle drei Szenarien sind als sogenannte One Shots mit vorgefertigten Investigatoren angelegt. Und – wie bereits angedeutet – alle drei Szenarien sind in einer Stunde spielbar. So viel zu den reinen Fakten. An dieser Stelle sei mir die obligatorische Spoiler-Warnung erlaubt: Die folgenden Inhaltsangaben sind für Spielleiter gedacht und nicht für Spieleraugen bestimmt!

Die drei Szenarien waren – zumindest teilweise – früher als Gratisdownload auf Chaosiums Webauftritt verfügbar. Eröffnet wird der Band mit „Die Nekropole“. Hier begleiten wir die Investigatoren bei der Untersuchung eines frisch geöffneten ägyptischen Grabes. Leider werden die Investigatoren in der Grabkammer eingeschlossen – und sehen sich bald mit einem jahrtausendealten Schrecken konfrontiert, der lebendiger ist, als ihnen lieb sein kann. Das zweite Szenario, „Was ist da im Keller?“, führt die Gruppe in das Landhaus eines alten Freundes; dieser sitzt wegen dem Mord an seiner Frau im Gefängnis und bittet die Gruppe, seine Unschuld zu beweisen. Dafür untersuchen sie den Tatort – den Keller des Landhauses – genauer und treffen auch hier auf eine finstere Wesenheit, welche ihnen nun nach dem Leben trachtet. Abgeschlossen wird der Band mit „Der tote Gast“, in dem eine Gruppe Nachbarn in die Wohnung eines seit Tagen vermissten Mieters eindringt. Hier finden sie zunächst nur seine Leiche und Hinweise auf seinen Selbstmord, bevor sich auch hier der cthuloide Horror in Form einer fremden Kreatur entfaltet, die den Investigatoren den Garaus machen möchte.

Alle drei Szenarien verfügen – den unterschiedlichen Lösungsansätzen zum Trotze – über sehr überschaubare Handlungsrahmen. Schlussendlich passen Hinweise und Handlung locker auf zwei Seiten. Leider hat sich an der Überarbeitung der Texte auch „Cthulhu“-Redakteur Mike Mason beteiligt, was – meiner Erfahrung nach – üblicherweise dazu führt, dass Unmengen unnötiger Texte produziert werden. Und auch „Einstiege ins Entsetzen“ macht hier keine Ausnahme: Zur Präsentation der oben beschriebenen, sehr dünnen Handlungen nimmt sich jedes Szenario rund 25 bis 30 Seiten Platz, was natürlich völlig überdimensioniert ist. Man kann den Texten allerdings zugutehalten, dass sie den Spielleiter sehr eng an die Hand nehmen und ausführlich die Regeln und Handlungsoptionen der Spieler erläutern, um so auch blutigen Einsteigern das Leiten zu vereinfachen.

Aber: Sind eben diese blutigen Einsteiger die Zielgruppe dieses Bandes? Rahmentexte und Hinweise deuten darauf hin, dass diese Szenarien eher für Supporter gedacht sind, welche „Cthulhu“ in einer kurzen Zeit präsentieren wollen – oder vielleicht sogar müssen. Ich könnte mir diese Szenarien gut für Spielemessen vorstellen, auf denen Unbedarfte einmal in dieses „Rollenspiel“ hineinschnuppern möchten. Für die heimische Spielrunde sind diese Szenarien selbst zum Ausprobieren viel zu dünn und lassen schlussendlich auch viele reizvollen Aspekte des Spiels „Cthulhu“ vollkommen außen vor. Da gibt es mit „Pforten in die Finsternis“ oder dem älteren „Kinder des Käfers“ wesentlich bessere Einsteigerbände. Wenn nun aber die Szenarien eher für Supporter gedacht sind: warum dann die einschläfernde Ausführlichkeit? Sind Supporter nicht eher versierte Spielleiter, die sich in ihrem System auskennen sollten? So bleibt „Einstiege ins Entsetzen“ eine Mogelpackung – unnötiger Textwust einerseits, fehlende Handlung andererseits. Dazu kommt, dass drei Mal das gleiche Szenario in anderem Gewand geliefert wird – dabei lassen sich mit der Vorgabe, ein Szenario für genau eine Stunde zu verfassen, wesentlich interessantere Handlungen stricken: Carsten Pohls „Ultima Ratio“, zuletzt für das cthuloide Rollenspiel „FHTAGN“ neu aufgelegt, lässt grüßen.

Der Band wurde mit einer Mischung aus zweckmäßigen und qualitativ ordentlichen Zeichnungen sowie zeitgenössischen Fotografien bebildert. Immerhin die mitgelieferten Karten wissen mich vollends zu überzeugen. Auch die vorhandenen Handouts sehen gut aus, auch wenn die verwendeten Handschriften das Computerdesign erkennen lassen. Das Layout ist wie immer sauber und übersichtlich gestaltet. Technisch gibt es damit – wie so oft – wenig zu meckern.

Fazit:
 „Einstiege ins Entsetzen“ ist etwas für Leute, die absolute Kurzszenarien suchen, um neuen Spielern einmal „Cthulhu“ zeigen zu können, ohne viel Zeit dabei zu verlieren. Ehrlich gesagt sind die hier gebotenen Handlungen aber so dünn, dass sich jeder halbwegs versierte Spielleiter etwas Ähnliches selbst ausdenken könnte. Finger weg.

PS: Diese Rezension erschien ursprünglich auf Ringbote.de

Das Autorennähkästchen V: Die Verschwundene

Hallo zusammen,

wie treue Leser dieses Blogs sicherlich wissen, bin ich seit einiger Zeit Mitglied im Autorenteam für das deutsche CTHULHU. Zugegeben liegt meine letzte Plauderei aus dem Autorennähkästchen schon recht lange zurück, so dass man auch auf den Gedanken kommen könnte, ich hätte hier nichts mehr mit zu tun. Doch das ist mitnichten so. Tatsächlich habe ich nicht nur an drei Publikationen mitgearbeitet, deren Erscheinung noch aussteht, sondern konnte auch zwischendurch meinen Namen noch in einer weiteren offiziellen Publikation platzieren.

Als unser Chefredakteur fragte, ob jemand Kapazitäten für ein kurzes Abenteuer für die Marketingabteilung frei hätte, war ich sofort Feuer und Flamme. Kurze Abenteuer liegen mir ja ohnehin mehr als lange Texte. Und unter den frei verfügbaren Werbeabenteuern für CTHULHU finden sich nicht nur echte Klassiker (wie „Am Rande der Finsternis“ oder „Das Corbitt-Haus“) sondern auch echte Perlen (wie „Der Preuße“, „Der Nachtexpress“ oder „Totholz“) wieder, so dass ich es mir nicht nehmen lassen wollte, hier auch einmal mein Glück zu versuchen. Die einzige Vorgabe war, dass das Abenteuer in Neuengland und den 1920ern spielen sollte. Das gab mir Gelegenheit, eine länger schwelende Idee endlich einmal umzusetzen.

Alles beginnt mit Stephen King. Ich war ehrlich gesagt nie ein sonderlich großer Fan dieses Autors und selbst die meisten Verfilmungen, die ja heute oftmals als Klassiker des Genres gelten, habe ich nicht gesehen. Eine große Ausnahme stellt allerdings Kings Novelle „Das Mädchen“ dar, welche irgendwie im Zuge einer Schenkung alter Bücher in meine damals noch jugendlichen Hände geraten war. Die intensive Stimmung, das Unwirkliche und das gleichzeitig erschreckend Mögliche in dieser Erzählung haben mich damals wie heute fasziniert. Ein erster Versuch, dieses Thema cthuloid umzusetzen fand sich in meinem 2017er-Adventskalender mit dem Postkartenszenario Indian Summer.

Da die Idee mir immer noch sehr gut gefiel, wollte ich sie ein weiteres Mal aufgreifen. Nun musste sie allerdings auf die 1920er transportiert werden. Da die Handlung ohnehin weitenteils im finsteren Forst stattfindet, war das kein größeres Problem. Im vergangenen Jahr hatte ich mehrfach das Abenteuer „Das Grauen von den Sternen“ für verschiedene Gruppen geleitet; der Einstieg als Teil einer Suchmannschaft gefiel mir sehr gut. So gut, dass ich auch die Investigatoren in meinem Abenteuer zum Teil einer Suchmannschaft – wenn auch unter anderen Voraussetzungen – machte. Das Setting ergab sich dann aus einer nochmaligen Lektüre des Dunwich-Bandes und ist tief in der cthuloiden Mythologie verankert. Das war leicht.

Der Rest der Niederschrift fiel dann angenehm leicht: Mit den grotesken Splatter-Motiven aus „Das Mädchen“ im Hinterkopf und den Möglichkeiten cthuloider Magie eines Kriechenden Wesen schrieben sich die meisten Szenen wie von selbst. Ein einfacher Mechanismus, welcher Beliebigkeit aus dem Finale des Abenteuers nimmt, war leicht erdacht. In Summe bin ich sehr zufrieden mit dem Szenario – auch und gerade, weil es zwar einerseits typisch cthuloid aber andererseits eben doch kein „Mystery-Recherche“-Plot geworden ist.

Ihr findet das Abenteuer online bei Pegasus Digital. Wie immer freue ich mich, wenn Ihr das Szenario lest, spielt, davon berichtet und mir hier einen Kommentar hinterlasst

Rezension: Namenloser Schrecken in der Gegenwart

Bereits im Jahr 2015 erschien bei Chaosium eine Abenteueranthologie für „Cthulhu“ mit dem Titel „Nameless Horrors“. Die hier enthaltenen sechs Abenteuer widmeten sich den drei großen, cthuloiden Settings: dem Gaslicht, den Goldenen Zwanzigern und der Jetztzeit. Mit „Namenloser Schrecken in der Gegenwart“ erscheint nun der dritte Teil der deutschen Übersetzung als Einzelband.

Wie für die deutschen Abenteuerbände üblich erscheint „Namenloser Schrecken in der Gegenwart“ als Softcover und im Schwarz-Weiß-Druck. Ebenso wie in den beiden Vorgängerbänden „Namenloser Schrecken in Neuengland“ und „Namenloser Schrecken in der Alten Welt“ teilen die beiden hier vorliegenden Szenarien zwei Gemeinsamkeiten: Sie sind als One-Shot mit vorgefertigten Investigatoren konzipiert und sie befassen sich mit cthuloidem Grusel unbekannter Art – denn die verwendeten Mythosthemen sind neu und unverbraucht. Und an dieser Stelle sei mir die obligatorische Spoiler-Warnung erlaubt: Die folgenden Inhaltsangaben sind für Spielleiter gedacht und nicht für Spieleraugen bestimmt!

Das erste Abenteuer heißt „Das Mondkind“ und weist schon eine recht ausgefuchste Investigatoren-Konstellation auf. Denn alle Investigatoren waren zu ihren Studienzeiten Teil eines okkulten Zirkels. Bei einer Art Klassentreffen kommen die mittlerweile längst erwachsenen Investigatoren wieder zusammen, nur um zu erfahren, dass einer aus ihrem Zirkel – der ehemalige Anführer – nicht nur nach ihrem Leben trachtet, sondern auch ein sogenanntes „Mondkind“ gezeugt hat. Dieses Kind ist unter dem Einfluss magischer Rituale gezeugt worden und hat eine ganz besondere Verbindung zur magischen Welt.

In „Das Mondkind“ ist aber tatsächlich nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint. Das angepriesene Mondkind erweist sich als völlig unmagisch, der mordende Anführer als mit der Situation total überfordert und der eigentliche Drahtzieher verfügt über derart gewaltige Kräfte, dass die Investigatoren nicht einmal ihren eigenen Sinnen trauen können. Paul Fricker, als Rollenspielautor nicht zuletzt durch „Gatsby und das Große Rennen“ bekannt geworden, gelingt es, eine interessante Figurenkonstellation zu erzeugen, wie sie einem amerikanischen Horrorfilm der späten 1980er Jahre entsprungen sein könnte. Allerdings wird die Handlung durch die Fähigkeiten des Antagonisten etwas beliebig, da der Spielleiter die Investigatoren schlussendlich nach Belieben in jede Richtung lenken kann. Wer dem Spuk entkommen will, muss darüber hinaus zu wirklich drastischen Maßnahmen greifen, was sicher auch nicht jedermanns Geschmack trifft.

Das zweite Szenario widmet sich wieder einem künstlerischen Thema, dieses Mal aber dem Film. „Der Bereich dazwischen“ ist nicht nur der Titel des Szenarios, sondern auch eines Filmes, an dessen Set die Investigatoren arbeiten. „Der Bereich dazwischen“ wird von einer esoterischen Kirche – deren Auftreten frappierend an Scientology erinnert – gedreht, um die eigene Botschaft zu verbreiten. Dumm nur, dass es sich dabei nicht nur um esoterisches Geschwurbel handelt, sondern die Verantwortlichen der Kirche tatsächlich Kontakt mit der „Leere“, einer hungrigen, außerirdischen Entität hatten. Diese Leere gelüstet es nun nach neuen, menschlichen Körpern, denen sie sich bemächtigen kann.

Unter dem Versprechen, alle Sorgen hinter sich lassen zu können, werden die Opfer der Kirchenoberen „geleert“, und nur ihre menschliche Haut bleibt zurück, erfüllt von der ewig hungrigen Leere. Natürlich geht so auch bei den Dreharbeiten einiges schief, als Regisseur und Produzent kurz vor Ende der Dreharbeiten entscheiden, die Hauptdarstellerin zu „leeren“. Was zunächst nach einer launenhaften Diva aussieht, entpuppt sich als grausiger Mord und später als noch viel mehr als das. Doch wie werden sich die Investigatoren entscheiden, wenn man ihnen die „Leerung“ anbietet? „Der Bereich dazwischen“ ist flexibel aufbereitet und bietet zahlreiche Möglichkeiten der Interaktion. Insbesondere durch die enge Einbindung der Investigatoren in die Kirchenstrukturen ergeben sich interessante rollenspielerische Möglichkeiten.

Beide Szenarien verfügen über geschickt miteinander verflochtene Investigatorengruppen und laden zum intensiven Rollenspiel ein. Darüber hinaus sind die Texte flexibel aufbereitet und bieten dem Spielleiter so die Möglichkeit, angemessen auf die Handlungen der Spieler zu reagieren. Während man dem ersten Abenteuer allerdings eine gewisse Beliebigkeit unterstellen kann – immerhin kann der Antagonist ganze Handlungsstränge nur vortäuschen – macht das zweite Szenario diese Fehler nicht. Beiden ist aber auf jeden Fall gemein, dass sie unverbrauchte und so noch nicht dagewesene Begegnungen mit dem kosmischen Grauen ermöglichen.

Wie auch schon im Vorgänger „Namenloser Schrecken in der Alten Welt“ wurde auch in „Namenloser Schrecken in der Gegenwart“ konsequent auf die „Cthulhu“-typische Bebilderung mit zeitgenössischen Fotografien verzichtet. Stattdessen wurden saubere, aber handwerklich sehr durchschnittliche Zeichnungen und Skizzen verwendet, was optisch gegenüber anderen Bänden Abstriche bedeutet. Immerhin die mitgelieferten Karten wissen aber zu überzeugen. Das Layout ist wie immer sauber und übersichtlich gestaltet, an ein paar hilfreiche Zeichnungen wie Beziehungsgeflechte wurde gedacht. Dafür wurden die wenigen Handouts überhaupt nicht optisch gestaltet, was im Vergleich zu anderen Bänden ebenfalls deutlich abfällt. Technisch ist der Band damit ordentlich, aber auch nicht herausragend, ausgestattet.

Fazit: Auch „Namenloser Schrecken in der Gegenwart“ bietet ungewöhnliche Begegnungen mit dem Grauen in einer ordentlichen Aufbereitung. Nicht zuletzt dank des niedrigen Preises absolut empfehlenswert für „Cthulhu“-Spieler, die einmal etwas anderes ausprobieren möchten.

PS: Diese Rezension erschien ursprünglich auf ringbote.de

10. Winter-OPC: Auswertung & Download zum GRT!

Wie in jedem Jahr war es das erklärte Ziel, die Auswertung und den Gesamtdownload aller WOPC-Beiträge pünktlich zum www.GratisRollenspielTag.de anzubieten. Und wie in jedem Jahr haben wir es irgendwie geschafft.

Ein großer Dank gilt – wie immer – meinen Juroren Elea vom Nerdigen Trashtalk, Christophorus und André „Würfelheld“ Skora, die sich in wahnsinniger Geschwindigkeit durch die Beiträge gearbeitet haben und ihre Bewertung abgegeben haben! Ohne Euch wäre der WOPC nicht möglich! Ein zweiter Dank gilt meinen fantastischen Sponsoren, ohne deren großartige Unterstützung der WOPC sicherlich nicht so ein grandioses Spektakel wäre: Preise und Gewinner sind hier zu sehen!

Wie immer war es Aufgabe in jeder Kategorie eine TOP 6 zu erstellen nach eigenem Geschmack, die bekommen dann je nach Platz 10/7/5/4/3/2 Punkte und dann wird zusammengezählt. Und das sind die Ergebnisse der vier Kategorien:

Frühling
1) Springtime von Kaid, ein Szenario Private Eye
2) Der verliebte Brückentroll von Agonira, eine Begegnung für Dungeon Slayers
2) Entgleist (Teil 1) von Nick Dysen, ein Szenario für Deadlands
2) Frühling von Sascha, ein Erzählspiel
3) Jahreszeiten-Spielzüge von Timothty, Regeloptionen für Dungeon World

Sommer
1) Summer Glam von Philipp, ein Wrestling-Erzählspiel
2) Und es war Sommer von Andreas, eine universelle Szenario-Skizze
2) Ewiger Sommer von Daniel, ein Würfelspiel
3) Summer of Sams von Kaid, ein Szenario für FHTAGN

Herbst
1) Laubsturm über Samroth von Philipp, ein Herbstlande-Szenario
2) Verwirrte Zombies im Herbstlaub von Agonira, ein Szenario für Zombieslayers
3) Blutrote Wälder von Kaid, ein Szenario für Mythos World

Winter
1) O du tödliche von Tim, ein Szenario für Monster of the Week
2) Halt auf Polaris 9 von Agonira, ein Szenario für Starslayers
3) Metal Frost Gloom von Kaid, ein Szenario für Mörk Borg

Ein paar mehr Details über sein persönliches Ranking verrät Juror Würfelheld drüben auf seinem Blog!

Die Gewinner haben bereits ihre Preise ausgesucht, alle anderen Preise sind bereits unter den Teilnehmern verlost – größtenteils sollten sie sogar bereits zugestellt sein. Die Preisverteilung ist in unserer Preisliste ersichtlich.
Ich gratuliere herzlich allen Gewinnern und bedanke mich bei allen Teilnehmern – Ihr seid großartig! und übrigens hat JEDER letztlich etwas gewonnen- und lade Euch und Alle dazu ein, in unserem Gesamt-Download zu stöbern! Es lohnt sich:

DOWNLOAD

Damit ist der 10. WOPC zu Ende, das Jubiläum ist geschafft. Es macht mich immer noch unglaublich traurig, dass Ingo dieses großartige Jubiläum nicht mehr erleben konnte und ich bin stolz auf alle, die diesen doch sehr besonderen WOPC mit ihrem Beitrag unterstützt haben. Danke – und Nice Dice.

Seanchui

Rezension: Auf der Spur des Grauens

Pünktlich zur vergangenen Spielemesse in Essen legte die Redaktion Phantastik den nächsten Abenteuerband für ihr Rollenspiel-Zugpferd „Private Eye“ vor. Mit „Auf der Spur des Grauens“ wagen die Redakteurinnen allerdings ein paar Schritte in unbekannte Gefilde. Und Achtung: Die folgende Rezension geizt nicht mit Spoilern!

Mit „Auf der Spur des Grauens“ erhält das viktorianische Detektiv-Rollenspiel „Private Eye“ gleich in doppelter Hinsicht einen interessanten Abenteuerband. Denn zum einen handelt es sich tatsächlich um den ersten Kampagnenband für das System, der gleich fünf miteinander verknüpfte Szenarien enthält. Zum anderen wagt sich Autor Ralf Sandfuchs an übersinnlich angehauchte Fälle, die mit einer mundanen Auflösung aufwarten. Aber der Reihe nach.

Verbindendes Element für die fünf Abenteuer ist die Gesellschaft SPEAR, was wiederum für die „Society for Paranormal Exploration And Research“ steht. Diese Gesellschaft – ein typischer Club der viktorianischen Ära – hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Wirken übernatürlicher Kräfte zu untersuchen. Gibt es mehr zwischen Himmel und Erde, als der Mensch erahnen kann? Oder lassen sich die seltsamen Beobachtungen doch rational erklären? Dieses Thema, wenngleich tief in der viktorianischen Ära mit ihren Seancen und Medien verankert, war bislang nur am Rande Gegenstand von „Private Eye“. Nun können sich Detektive im Auftrag von SPEAR daran machen, auch diese Randgebiete zu erkunden. Alle Abenteuer warten dabei mit einer mundanen Lösung auf – doch der Autor (selbst ein erfahrener „alter Hase“ im „Cthulhu“-Autorenteam) gibt auch stets die Option mit an die Hand, tatsächlich übernatürliche Vorkommnisse in die Handlung mit einfließen zu lassen. So kann die Spielleitung entscheiden, wie übernatürlich ihre Kampagne werden soll.

Eröffnet wird der Band mit einer umfangreichen Einleitung. Hier erfahren wir alle wichtigen Hintergründe über die Gesellschaft SPEAR und die Rolle der Detektive in der Kampagne. Außerdem gibt der Autor zahlreiche Hinweise und Tipps für das Spiel mit übernatürlichen Elementen und wie eine gruselige Atmosphäre am Spieltisch erzeugt werden kann. Auch Sicherheitsmechanismen werden direkt angesprochen, falls es dem einen oder anderen Spieler doch einmal zu unheimlich wird. Außerdem werden Tipps gegeben, wie sich die Abenteuer verbinden lassen oder was beachtet werden sollte, wenn sie alleinstehend gespielt werden.

Die Szenarien

Direkt daran schließen sich die fünf Szenarien an, von denen drei vollwertig ausgearbeitet sind. Bei den beiden anderen handelt es sich um kurze, geradlinige Fälle, die weniger Ausarbeitung erfordern. Eröffnet wird der Reigen mit „Das Monster von Sark“. Hier geht scheinbar ein aus den Tiefen des Meeres entstiegenes Monster auf der Kanalinsel Sark um. Die Detektive von SPEAR werden nach den ersten Todesfällen eingeschaltet und müssen vor Ort erkennen, dass das Morden noch kein Ende genommen hat. Dieser fast schon cthuloid anmutenden Geschichte schließt sich mit „Die Macht des Teufels“ das erste Kurz-Szenario an. Hier geht es um eine (vermeintliche?) Besessenheit und einen eiligst einberufenen Exorzismus. „Die toten Kinder von Willow Hall“ stellen das „Spukhaus-Szenario“ des vorliegenden Bandes dar. Denn anders ist es nicht zu erklären, dass in den Gängen von Willow Hall die leuchtenden Geister zweier ermordeter Kinder umgehen, oder?

„Die Todespfeife“ verwendet wieder ein wenig klassisches Motiv und schickt die Detektive auf die Jagd nach einer von den Toten erstandenen jungen Frau, die Rache an ihrem Mörder nehmen will. Die Ereignisse der Kampagne kulminieren schließlich im finalen Abenteuer „Der Gefallene Prinz“. Hier wütet ein mörderischer Kult in London, der mithilfe beschworener Dämonen unliebsame Personen aus dem Weg räumt. Wer ist der Drahtzieher hinter den Morden? Und sind es wirklich Dämonen, die hier furchtbare Bluttaten begehen? Besonders schön an diesem Szenario ist der Umstand, dass SPEAR tiefer in die Geschehnisse verstrickt ist, als die Detektive ahnen. „Der Gefallene Prinz“ ist der mit Abstand komplexeste Fall in dem Band, führt die Kampagne aber auch zu einem gelungenen Finale.

Kritik

Wie so oft bei „Private Eye“-Abenteuern komme ich nicht umhin, die Aufbereitung der Szenarien zu loben. Detektiv-Abenteuer sind für die Spielleitung oft eine undankbare Aufgabe, gilt es doch reichlich Informationen zu verwalten, ohne den Spielern das Leben zu leicht oder zu schwer zu machen. Wie auch schon in den Vorgängerbänden geizt „Auf der Spur des Grauens“ daher nicht mit hilfreichen Übersichten für die Spielleitung. So werden Tatorte mit praktischen Hinweislisten versehen, es gibt Beziehungs-Übersichten zwischen den beteiligten Personen, praktische Zusammenfassungen von wichtigen Handlungsabschnitten oder Nichtspielercharakteren sowie reichlich Kartenmaterial, um auch die Untersuchung von Räumen übersichtlich zu halten. Man merkt der Aufbereitung die jahrelange Erfahrung der Redaktion deutlich an.

Inhaltlich können die fünf versammelten Kriminalfälle voll überzeugen. Es ist von jeher eine reizvolle Kampagnenvariante, cthuloide Recherche-Abenteuer mit mundanen „Private-Eye“-Fällen zu verknüpfen. So hält man die Ungewissheit, ob man kosmischem Grauen oder weltlicher Grausamkeit gegenübersteht, für die Spieler stets aufrecht. Mit „Auf der Spur des Grauens“ erhalten interessierte Spielleiter gleich fünf hervorragende Szenarien, um diese Spielart zu erweitern. Doch auch für sich alleinstehend funktioniert „Auf der Spur des Grauens“ natürlich gut. Insbesondere, weil die Gegenspieler, Verbrechen und Ortschaften abwechslungsreich gewählt wurden, gibt es hier für die Detektive – abseits des verbindenden Themas – jede Menge zu entdecken.

Verarbeitung

„Auf der Spur des Grauens“ ist im typischen „Private Eye“-Layout gehalten. Das Cover wurde abermals von Manfred Escher gestaltet und zeigt eine gekonnte Collage vorkommender Motive. Der Band erscheint in Schwarz-Weiß, ist reichhaltig mit zeitgenössischen Fotografien bebildert und übersichtlich layoutet. Darüber hinaus wurden einige schicke Handouts in den Anhang mit aufgenommen, welche die Stimmung am Spieltisch weiter unterstützen können. Es haben sich allerdings auch ein paar ungewohnt moderne Landstrichkarten in den Band geschlichen, die scheinbar von „Google Maps“ übernommen wurden, und ein wenig mit der angestrebten Optik brechen. Doch gilt hier natürlich: besser eine unpassende Karte als keine Karte, sodass ich dieses Manko verzeihen will. Lektorat und Korrektorat haben gute Arbeit geleistet, sodass kaum störende Rechtschreibfehler enthalten sind. Technisch gibt es damit wenig zu meckern.

Fazit: Gleich fünf spannende Kriminalfälle, gepaart mit der reizvollen Idee des Übersinnlichen. „Auf der Spur des Grauens“ ist ein hervorragender Kampagnenband für „Private Eye“ – und auch für Spieler anderer „moderner“ Systeme, die einen Schuss Übersinnliches vertragen können, auf jeden Fall einen Blick wert.

PS: Diese Rezension erschien erstmalig bei Ringbote.de

In eigener Sache: Seanchui goes DriveThruRPG

Ja, ein wenig still geworden ist es hier auf diesem Blog. Das habe ich bereits rund um die Jahreswende kommen sehen, also überrascht es mich – und hoffentlich auch Euch, liebe Leser – nicht all zu sehr. Dennoch bin ich in den letzten Wochen und Monaten natürlich nicht untätig gewesen: Tatsächlich habe ich mir mittlerweile ein Publisher-Konto bei DriveThruRPG zugelegt:

https://www.drivethrurpg.com/browse/pub/17289/Seanchui

Wahnsinnig viel Content findet Ihr bislang auch dort nicht. Doch ich hoffe, dass es im Laufe der Zeit mehr und mehr wird. Riskieren wir doch gemeinsam einen kleinen Blick auf das, was ich bereits dort veröffentlicht habe:

Freie Abenteuer

Zunächst einmal wären dort mit „Der Rosen letzter Hauch“ und „Der Fluch der Mondperlen“ gleich zwei spielfertige Fantasy-Abenteuer. Während „Der Rosen letzter Hauch“ ein investigatives Mystery-Abenteuer rund um eine abgelegene Klosterschule darstellt, ist der „Fluch der Mondperlen“ eine klassische Piraten-Story. Mit „Das Himmelskloster“ ist außerdem einer meiner WOPC-Siegerbeiträge, der als One-Page-Dungeon so gar nichts mit „Cthulhu“ zu tun hat, dort zu finden.

VISION

Vor Jahren habe ich Euch einmal davon erzählt, dass ich in meinen Jugendjahren ein eigenes Fanzine, die VISION, verlegt habe. Im Zuge der vergangenen beiden Fanzine-Wettbewerbe vom System-Matters-Verlag habe ich die vierte und fünfte Ausgabe vom Stapel laufen lassen. Einige wenige von Euch dürften auch eine der Druckausgaben ergattert haben; für alle anderen gibt es die VISION 4 + 5 nun auch auf DriveThru. Und: Extra für die Veröffentlichung auf DriveThru habe ich die alten Ausgaben noch einmal hervorgekramt und die Sachen, die nicht munter gegen geltende Copyrights verstoßen, ein wenig aufpoliert und als „Best of“-Ausgabe ebenfalls dort eingestellt. Zugegeben – viel Wiederverwertbares fand sich nicht…

HIMMELSSTÜRMER

Als Ralf Sandfuchs zu Beginn des Jahres 2021 eine Rollenspielchallenge ausrief, formulierte er den Punkt: „Schreibe Dein eigenes Erzählspiel“. Die Idee ließ mich nicht los und ich nutzte eine Leerphase, um mit „Himmelsstürmer“ eben das umzusetzen. Besonders stolz bin ich darauf, dass es das Spiel sogar auf Youtube geschafft hat:

Vielleicht ist es ja auch etwas für Euch?

Schlussendlich habe ich vor, mein DriveThru-Konto für das Material zu nutzen, welches nicht streng cthuloid ist und damit wesentlich besser hier aufgehoben wäre. Ich hoffe, dass sich in den nächsten Monaten noch der ein oder andere Text dort hinzugesellt – behaltet es vielleicht einfach mal im Auge :-).

Rezension: Cats of Catthulhu

Cthuloide Rollenspiele gibt es – der offenen Rechtesituation rund um Lovecrafts „Cthulhu“-Mythos sei Dank – mittlerweile wie Sand am Meer. Und auch exotische Themen wie cthuloide Katzenrollenspiele sind keine gänzlich neue Erfindung. Braucht es da einen weiteren Vertreter?

Howard Philipps Lovecraft, jener als recht verschroben geltende Autor aus Providence, welcher den „Cthulhu“-Mythos und mit ihm den kosmischen Horror erfand und seitdem erheblichen Einfluss auf die moderne Horrorliteratur ausübt, war ein rechter Katzenfreund. Auch in seinen Geschichten spielten Katzen hin und wieder eine Rolle und in den von ihm geschaffenen „Traumlande“-Geschichten wurden die Katzen gar zu denkenden und herrschenden Wesen. Kein Wunder, dass also auch dieser Aspekt seines Mythos Einzug ins Rollenspiel gehalten hat. Cthuloide Katzenrollenspiele haben dabei auch in Deutschland eine gewisse Tradition, denn mit „Katzulhu“ verlegt Pegasus bereits seit den frühen 2000ern ein eigenes Rollenspiel, in dem Spieler in die Rollen von Katzen schlüpfen können, die gegen den Mythos kämpfen.

2014 erschien die englische Variante von „Cats of Catthulhu“ aus der Feder von Joel Sparks. Nun hat sich Yvis Nerd and Geek World an die deutsche Ausgabe herangewagt. Der vorliegende Band trägt den Untertitel „Buch 1: Das Nekonomikon“ und verrät damit einerseits, dass es ein wenig humoristischer zugehen dürfte als bei der Pegasus-Variante des Themas, zum anderen, dass noch weitere Bücher aus dem Zyklus folgen werden.

Tatsächlich enthält „Das Nekonomikon“ nur die absoluten Grundregeln des Spiels. Diese sind einfach und rasch erklärt. Die Spieler schlüpfen auch hier in die Rolle von felinen Charakteren. Damit einher gehen die üblichen Probleme – die Kommunikation mit Zweibeinern gestaltet sich oft schwierig, ohne Daumen lassen sich die meisten Werkzeuge nicht bedienen und eine verschlossene Tür kann schon einmal ein erhebliches Hindernis darstellen. Andererseits ist man mit einem messerscharfen Intellekt, hoher Geschicklichkeit und neun Leben gesegnet – das sollte genügen, um die finsteren Mächte des Mythos das Fürchten zu lehren. „Cats of Catthulhu“ gestaltet sich darüber hinaus angenehm regelarm: Sofern es zu einer Probe kommt, wirft eine Katze zwei sechsseitige Würfel. Ein Ergebnis von drei bis sechs gilt als Erfolg. Je nach Schwierigkeitsgrad der Aufgabe sind ein oder mehr Erfolge notwendig.

Dazu gesellen sich ein paar weiterführende und optionale Regeln, um das Spiel ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten. So können Pasche besondere Ergebnisse hervorbringen, im Kampf können Erfolge unterschiedliche Ergebnisse bedeuten und wenn man per Charakterbeschreibung für eine Aufgabe besonders gut geeignet ist – das Regelwerk verwendet die schöne Formulierung „Die richtige Katze für den Job“ –, dann erhält man automatische Erfolge. Da sich die Charakterwerte ausschließlich auf Beschreibungen ohne Zahlenwerte verlassen, war es das auch schon. Das Regelwerk gestaltet sich damit ähnlich minimalistisch wie die „Tiny D6“-Engine. Neben der Erklärung der Grundregeln enthält „Das Nekonomikon“ noch den Beginn eines Einführungsabenteuers, dessen Fortsetzung auf yvisnerdandgeekworld.de verfügbar gemacht werden soll.

Man merkt „Cats of Catthulhu“ an, dass es zwar einen humoristischen Ansatz rund um den Mythos verfolgt – so erhalten etwa die meisten erwähnten Wesenheiten Namen, die irgendwie an das Katzenthema angelehnt sind –, andererseits fehlen zum jetzigen Zeitpunkt noch tiefergehende Informationen zur Spielwelt. Diese werden erst in den später erscheinenden Büchern – wie „Unaussprechliche Katzen“ – genauer vorgestellt. An dieser Stelle bleibt daher nur das Regelwerk zur Bewertung, welches recht simpel daherkommt und einen guten Spielfluss verspricht. Regelfüchse wird es kaum ansprechen, dafür aber erzählfreudige Gruppen, denn je nach Erfolg der felinen Charaktere wechselt auch das Erzählrecht hin und wieder zu den Spielern – diese dürfen den Ausgang von besonders spektakulären Fehlschlägen oder Erfolgen beschreiben. Damit ist „Cats of Catthulhu“ auf jeden Fall eher etwas für Erzählspieler als Taktiker.

Das Layout ist schlicht und eher funktional: Das dünne A5-Büchlein ist einspaltig gedruckt und spärlich illustriert. Die wenigen erklärenden Tabellen sind gut strukturiert und farblich abgesetzt. Der Rest des Schriftsatzes wirkt eher etwas unruhig, da kein Blocksatz gewählt wurde und der Schriftgrad ist mir persönlich ein oder zwei Nummern zu klein gewählt. Das macht die Lektüre mitunter etwas anstrengender, als es dem Regelwerk nach nötig gewesen wäre.

Fazit: „Cats of Catthulhu“ setzt sich von „Katzulhu“ durch seinen humoristischeren Hintergrund, sein simpleres Regelsystem und die verteilten Erzählrechte ab. Damit liefert es für erzählfreudige Gruppen eine echte Alternative. Ich bin gespannt, wie sich das Hintergrundmaterial darstellen wird, welches im zweiten Band veröffentlicht werden wird.

Rezension: Namenloser Schrecken in der Alten Welt

Bereits im Jahr 2015 erschien bei Chaosium eine Abenteueranthologie für „Cthulhu“ mit dem Titel „Nameless Horrors“. Die hier enthaltenen sechs Abenteuer widmeten sich den drei großen cthuloiden Settings: dem Gaslicht, den Goldenen Zwanzigern und der Jetztzeit. Nachdem im deutschen Band „Namenloser Schrecken in Neuengland“ die beiden Szenarien für die 1920er übersetzt und veröffentlicht wurden, widmet sich „Namenloser Schrecken in der Alten Welt“ den beiden Szenarien für die Gaslicht-Ära.

Wie für die deutschen Abenteuerbände üblich erscheint „Namenloser Schrecken in der Alten Welt“ als Softcover und im Schwarz-Weiß-Druck. Aktuell ist es noch geplant, die beiden fehlenden Szenarien ebenfalls in einem passenden Einzelband zu veröffentlichen. Die beiden hier vorliegenden Szenarien teilen zwei Gemeinsamkeiten: Sie sind als One-Shot mit vorgefertigten Investigatoren konzipiert und sie befassen sich mit cthuloidem Grusel unbekannter Art – denn die verwendeten Mythosthemen sind neu und unverbraucht. Und an dieser Stelle sei mir die obligatorische Spoiler-Warnung erlaubt: Die folgenden Inhaltsangaben sind für Spielleiter gedacht und nicht für Spieleraugen bestimmt!

Das erste Abenteuer trägt den Titel „Ein unstillbares Verlangen“. In diesem Szenario schlüpfen die Spieler in die Rolle einer Gruppe Schmuggler, die vor der britischen Küste Schmuggelware in Empfang nehmen. Doch dann bricht ein furchtbarer Sturm los – und die Investigatoren finden sich unversehens an Land wieder. Schnell müssen sie feststellen, dass sie nicht mehr in ihrer Zeit sind, sondern weit in die Vergangenheit geschleudert wurden. So müssen sie den Untergang des Küstenstädtchens Dunwich – die Namensgleichheit zu dem Dorf aus Lovecraft Country ist zumindest eine schöne Anekdote –, welches im Jahr 1287 von einem furchtbaren Sturm verheert wurde, miterleben. Der Clou des Szenarios: Dank des Fluchs einer Hexe sind sie darüber hinaus in einer Zeitschleife gefangen und müssen die furchtbare Nacht wieder und wieder erleben – bis sie einen Ausweg finden, der dann auch direkt mit dieser Hexe zusammenhängt.

Das zweite Szenario spielt im Künstlermilieu des Paris um die Jahrhundertwende. „Eine Sendung der Kunst“ ist der passend gewählte Titel dieses ungewöhnlichen, als Kammerspiel beginnenden Szenarios. Ein bislang eher unbedeutender Bildhauer hat – dank der Lektüre eines Mythosbuchs – die Inspiration, eine Muse, zum Leben erweckt. Während einer Ausstellung nebst Feierlichkeit in einem Salon pflanzt dieses Wesen – getarnt als Ehefrau des Bildhauers – anderen Künstlern ihre Inspiration ein, was nicht nur wild arbeitende Künstler nach sich zieht, sondern auch eine Reihe bizarrer Todesfälle. Die Investigatoren – ebenfalls entweder Künstler oder eng mit dem Salon verbandelt – sind dabei mittendrin statt nur dabei und können auch Opfer der verderbnisbringenden Einflüsterungen der Muse werden. Wie werden sie dieses Szenario zu Ende bringen – indem sie Kunst schöpfen, die jenseits unserer Vorstellungskraft ist, oder einen anderen Weg finden, die Muse zu besiegen?

Beide Abenteuer leben von der ausgeklügelten Figurenkonstellation, welche die Investigatoren fest in der Handlung des jeweiligen Szenarios verankert. Zwar funktionieren Teile der Handlung auch im Rahmen von Kampagnen; mit den vorgefertigten Investigatoren und einer entsprechend spielfreudigen Gruppe entsteht aber eine sogartige Wirkung, die mit „unbeteiligten“ Investigatoren nicht zu erreichen wäre. Dennoch konnten mich die Szenarien nicht vollends überzeugen. Während „Ein unstillbares Verlangen“ zwar Druck aufbaut, aber eigentlich recht harmlos dahinplätschert, bis die Spieler auf die richtige Idee gekommen sind, verzichtet „Eine Sendung der Kunst“ gleich auf einen konkreten Handlungsrahmen. Gerade beim zweiten Szenario hatte ich oft das Gefühl, dass dem Autor eine starke Einstiegsszene vorschwebte – die Feierlichkeit im Kunstsalon, welche auch ca. zwei Drittel des Abenteuertextes ausmacht – und ihm dann die rechte Inspiration für den weiteren Verlauf fehlte. Nichtsdestotrotz schlummert gerade im zweiten Abenteuer noch viel Potenzial, welches aber von der Spielleitung erst freigelegt werden muss.

In „Namenloser Schrecken in der Alten Welt“ wurde durchgängig auf die „Cthulhu“-typische Bebilderung mit zeitgenössischen Fotografien verzichtet. Stattdessen wurden saubere, aber handwerklich sehr durchschnittliche Zeichnungen und Skizzen verwendet, was optisch gegenüber anderen Bänden Abstriche bedeutet. Das Layout ist wie immer sauber und übersichtlich gestaltet, an ein paar hilfreiche Zeichnungen wie und Beziehungsgeflechte wurde gedacht. Dafür wurden die wenigen Handouts überhaupt nicht optisch gestaltet, was im Vergleich zu anderen Bänden ebenfalls deutlich abfällt. Technisch ist der Band damit ordentlich, aber auch nicht herausragend, ausgestattet.

Fazit: „Namenloser Schrecken in der Alten Welt“ präsentiert zwei ungewöhnliche Szenarien, die sich als One-Shot oder zum Start einer besonderen Kampagne anbieten. Dabei ist insbesondere der Umgang mit dem Mythos ungewöhnlich. Wer Abwechslung zu alten Pfaden sucht, wird hier fündig – es gibt aber durchaus stärkere Abenteuerbände im cthuloiden Portfolio.

PS: Diese Rezension erschien ursprünglich auf Ringbote.de